und Wahrheit dargestellt, wozu er die gewissenhaftesten Studien nach der Natur machte. Landschaftern, welche der Natur die Form vorschrieben, aber nicht nachbildeten, kann allerdings ein solches Bild Schrecken einflößen; denn leicht könnte es dahin kommen, daß die Kunstfreunde in Gemälden die Natur sehen wollten, wie sie ist, nicht wie die Landschafter sich gewöhnt haben, sie zu sehen und vorzustellen. Was sollte nun ein Landschafter machen, der einen Baumschlag für alle Baumarten eingelernt hat, wenn Bilder, wie die von Rohden, wo Alles chrarakteristisch, wahr und mit großem Fleiß dargestellt wird, sich verbreiteten, das Publikum für sich gewönnen und den Kunstfreunden darüber die Augen geöffnet würden, daß die Manier der Landschafter eine Lüge ist?
Fremdartig mögen diese Pflanzen dem Deutschen wohl vorkommen, denn sie sind wirklich ausländisch, so wie die Felsen keine Sandsteine, sondern vulkanischen Ursprungs sind. Es genügt nicht über die Alpen zu gehen; die Eiche mit dem Oelbaumblatt, die Pinie und Palme findet man erst in der Gegend von Rom. Nur jene südliche Bläue des Himmels verleiht Fernen diese Klarheit und Weichheit zugleich, welche so zauberisch über dieses Bild ausgehaucht ist. Eines der größten Verdienste dieses Gemäldes besteht in der Durchsichtigkeit und Kraft der Schatten, so wie auch in der Gesammtwirkung die Landschaft bei den ausgeführtesten Einzelnheiten höchst bewundernswürdig ist. Nur das Eine wünschen wir: daß jene Licinen eine dichtere Masse bilden möchten, welches der Maler erreicht haben würde, wenn er mehrere hinter einander gestellt hätte, weil ihr schmales, struppiges Laub, gegen die Luft gestellt, zu stachlich erscheint.
Karl August Böttiger und Johann Gottlob von Quandt: Die Dresdner Kunstausstellung (1824). Arnoldische Buchhandlung, Dresden 1824, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Artistisches_Notizenblatt_1824_Kunstausstellung_Dresden.djvu/8&oldid=- (Version vom 20.12.2024)