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denn in der Folge habe ich den Brief von Lori mir erbeten, um dessen Inhalt in mein Tagebuch zu übertragen.

„Lies laut,“ bat sie – „ich habe nicht zu Ende kommen können.“

Ich that nach ihrem Wunsche.

„Liebste Schwester! Gestern hatten wir eine heiße Schlacht – das wird eine große Verlustliste geben. Damit Du – damit unsere arme Mutter nicht aus dieser das Unglück erfährt und damit Du sie langsam vorbereiten könntest (sag’, er sei schwer verwundet) schreibe ich Dir lieber gleich, daß zu den für das Vaterland gefallenen Kriegern auch unser tapferer Bruder Karl zählt.“ Ich unterbrach mich, um die Freundin zu umarmen.

„Bis dahin war ich gekommen,“ sagte sie leise.

Mit thränenerstickter Stimme las ich weiter.

„Dein Mann ist unversehrt und so auch ich. Hätte die feindliche Kugel doch lieber mich getroffen: ich beneide Karl um seinen Heldentod – er fiel zu Anfang der Schlacht, und weiß nicht, daß diese wieder – verloren ist. Das ist gar zu bitter. Ich habe ihn fallen gesehen, denn wir ritten nebeneinander. Ich sprang gleich ab, um ihn aufzuheben – nur noch einen Blick und er war tod. Die Kugel muß ihm durch Herz oder Lunge gedrungen sein! es war ein schnelles, schmerzloses Ende. Wie viele andere mußten stundenlang leiden und mitten im Toben der Schlacht hilflos daliegen, bis sie der Tod erlöste. Das war ein mörderischer Tag – mehr als tausend Leichen – Freund

Empfohlene Zitierweise:
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/061&oldid=- (Version vom 31.7.2018)