erfüllte es – einen Augenblick aufflammend – mit wohlthuender Wärme. Eine und dieselbe Sache, eine und dieselbe Person lieben, wenn man Tausend ist, das gibt eine eigentümliche, vertausendfachte Hingebungslust … Das ist’s, was als Loyalität, als Patriotismus, als Korpsgeist die Herzen schwellt. Es ist nichts anderes als Liebe, und die wirkt so mächtig, daß einem das in ihrem Namen gebotene Werk des Hasses – das allerscheußlichste Werk des tödlichsten Hasses, der Krieg – als erfüllte Liebespflicht erscheint.
Aber nur einen Augenblick hatte es in meinem Herzen so geglüht, denn eine stärkere Liebe als die zu allen erdenklichen Vaterländern und Landesvätern ruhte in dessen Grunde – die Liebe zu meinem Mann. Sein Leben war mir doch das höchste aller Güter, und wenn dieses aufs Spiel gesetzt werden sollte, konnte ich die Partie – gelte es nun Schleswig-Holstein oder Japan – nur verwünschen.
Die jetzt folgende Zeit lebte ich in unerhörtem Bangen. Am 16. Januar stellten die Bundesmächte an Dänemark das Ansinnen, ein gewisses Gesetz, gegen welches die holsteinische Ständeversammlung und Ritterschaft den Schutz des Bundes anrief, aufzuheben, und zwar innerhalb vierundzwanzig Stunden. Dänemark verweigerte dies. Wer wird auch so sich befehlen lassen? Diese Weigerung war natürlich vorausgesehen worden, denn schon standen preußische und österreichische Truppen an den Grenzen postiert, und am 1. Februar überschritten sie die Eider.
So waren denn die blutigen Würfel wieder gefallen
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/201&oldid=- (Version vom 31.7.2018)