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noch blutig war von der vorigen Fracht. Der Soldat, welcher neben dem Kutscher saß, hielt eine Laterne, welche unstäten Schein auf unsere Straße warf. „Böser Traum – böser Traum“: immer mehr und mehr hatte ich den Eindruck, einen solchen durchzumachen. Das Einzige, was mich an die Wirklichkeit meiner Lage mahnte und was mir zugleich eine Beruhigung war, war Doktor Bressers Nähe. Ich hatte meine Hand in die seine gelegt und sein anderer Arm unterstützte mich:

„Lehnen Sie sich an mich, Baronin Martha – armes Kind“, sagte er sanft.

Ich lehnte mich an, so gut ich konnte, aber doch: welche Folterlage! Wenn man sein ganzes Leben lang gewohnt war, auf schwellenden Sitzen, sprungfederigen Wagen und weichen Betten zu ruhen, wie schwer fällt es da – zumal nach einer ermüdenden Tagereise, in einem schüttelnden Leiterwagen zu sitzen, dessen harter Brettergrund nur mit einer Lage blutfeuchten Strohs gepolstert ist. Und ich war doch unverletzt – wie muß erst denen zu Mute sein, die mit zerschmetterten Gliedern, mit hervorstehenden Knochensplittern auf solchem Fuhrwerk über Stock und Stein gejagt werden?

Bleischwer fielen mir die Lider zu. Ein wehthuendes Schläfrigkeitsgefühl peinigte mich. Bei der Unbequemlichkeit meiner Lage – alle Glieder schmerzten mich – bei der Erregtheit meiner Nerven war ja Schlaf unmöglich; desto grausamer wirkte das nicht zu bannende Schlafbedürfnis. Gedanken und Bilder,

Empfohlene Zitierweise:
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/081&oldid=- (Version vom 31.7.2018)