unaufhaltsame Thränen. Hier in Roßnitz war es, wo ich am zweiten Tage, als ich erkannte, daß unsere Kräfte solchem Elend nicht gewachsen seien, den Mut verlor und zu verbinden aufhörte.“ – – –
„… In welchem Zustand waren diese 600 Männer (diesmal spricht Doktor Naundorff). Es ist unmöglich, dies mit Wahrheit zu schildern. An den noch immer offenen Wunden saugten Mücken, mit denen sie bedeckt waren; im Fieber funkelnde Blicke irrten forschend umher und suchten nach irgend einer Hilfe – nach Labung, nach Wasser, nach Brot! Mantel, Hemd, Fleisch und Blut bildeten bei den Meisten eine widerliche Mischung. Würmer begannen sich darin zu erzeugen und einzufressen. Ein abscheulicher Geruch erfüllte jeglichen Raum. Alle diese Soldaten lagen auf der nackten Erde, nur Wenige fanden etwas Stroh, auf welches sie ihre elenden, verstümmelten Körper betten konnten. Einige, welche nur lehmigen, durchgeweichten Boden unter sich hatten, sind in dem Schlamme desselben halb versunken; sie vermögen nicht, sich aus ihm emporzuarbeiten; Andere liegen in einer Pfütze gräulichen Schmutzes, den zu beschreiben jede Feder sich sträuben muß.“
„… In Masloved“ – so erzählte Frau Simon – „ein Ort von ungefähr fünfzig Nummern, lagen – acht Tage nach der Schlacht – 700 Verwundete. Nicht sowohl ihr Jammergeschrei als ihre trostlose Verlassenheit drang zum Himmel empor. In einer einzigen Scheune waren allein 60 dieser Unglücklichen aufgeschichtet. Eine jede ihrer Wunden war an sich schon
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/096&oldid=- (Version vom 31.7.2018)