ein anderer mußte sein Amt – zur Zeit das angestrengteste im Ort – übernehmen. Die Post brachte nur trübes; von überall her Nachrichten über das Wüten der Seuche und Liebesbriefe – ewig unbeantwortet zu bleibende Liebesbriefe – von dem nichts ahnenden Prinzen Heinrich. An Konrad hatte ich, um ihn auf das fürchterliche vorzubereiten, eine Zeile geschickt: „Lilli sehr krank.“ Er konnte nicht augenblicklich kommen – der Dienst hielt ihn zurück. Erst am vierten Tage kam der Unselige ins Haus gestürzt:
„Lilli?“ rief er – „ist es wahr?“ Unterwegs hatte er das Unglück erfahren.
Wir bejahten.
Er blieb unheimlich still und thränenlos. „Ich habe sie viele Jahre geliebt,“ sprach er nur leise vor sich hin. Dann laut:
„Wo liegt sie? – Auf dem Friedhofe? … Ich will sie besuchen … lebt wohl … sie erwartet mich …“
„Soll ich mitkommen?“ trug ihm jemand an.
„Nein, ich gehe lieber allein.“
Er ging – und wir sahen ihn nicht wieder. Am Grabe der Braut hat er sich eine Kugel durch den Kopf gejagt.
So endete Konrad Graf Althaus, Oberstlieutenant im 4. Husarenregiment, im siebenundzwanzigsten Lebensjahre.
Zu einer anderen Zeit hätte die Tragik dieses Vorfalls viel erschütternder gewirkt, aber jetzt: wie viele junge Offiziere hatte der Krieg unmittelbar weggerafft
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/163&oldid=- (Version vom 31.7.2018)