das europäische Gleichgewicht (da haben wir’s schon wieder, das berühmte Gleichgewicht: „Seht dieses Wandbrett mit den kostbaren Schalen darauf – es schwankt – die Schalen könnten herunterfallen – also schlagen wir hinein …) bedrohlich ist. Diese Erklärung hat einen noch schwereren Charakter erhalten durch die Mitteilung, welche dem Kabinett gemacht wurde, von der Weigerung, den Gesandten des Kaisers zu empfangen und mit ihm neue Auseinandersetzungen einzuleiten (also durch solche Dinge: mehr oder minder freundlichen Verkehr zwischen Regenten und Diplomaten, wird das Schicksal der Völker bestimmt …). Infolgedessen hat die französische Regierung es für ihre Pflicht (!) gehalten, ohne Verzug an die Verteidigung (ja, ja, Verteidigung – niemals Angriff) ihrer verletzten Würde, ihrer verletzten Interessen zu denken, und entschlossen, zu diesem Zwecke alle Maßregeln zu ergreifen, welche von der ihr geschaffenen Lage geboten werden, betrachtet sie sich von jetzt an als im Zustand des Krieges mit Preußen.“
Zustand des Krieges … Bedenkt Derjenige, der auf dem grünen Tuch seines Schreibtisches dieses Wort zu Papier bringt, daß er seine Feder in Flammen getaucht hat, in blutige Thränen, in Seuchengift? …
Also wegen eines für einen vakanten Thron gesuchten Königs und infolge einer zwischen zwei Monarchen gepflogenen Unterhandlung war diesmal der Sturm entfesselt? Sollte Kant doch recht haben mit seinem ersten Definitivartikel zum ewigen Frieden:
„Die bürgerliche Verfassung in jedem Staate soll republikanisch sein?“
Allerdings fielen durch Verwirklichung dieses Artikels manche Kriegsursachen weg, denn die Geschichte zeigt, wie viele Feldzüge dynastischer Fragen willen unternommen wurden, und alle Einsetzung monarchischer
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 250. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/255&oldid=- (Version vom 31.7.2018)