Seite:Cornelius Loggien-Bilder München.pdf/37

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

An Masaccio’s Thätigkeit in Carmine überhaupt erinnert das Bild, wo er malend vor der Mauer sitzt und einige Carmeliter-Mönche ihm aufmerksam zusehen.

Vasari schliesst seine Lobeserhebungen des trefflichen Meisters mit den Worten: „Sein Fleiss verdient das allergrösste Lob; um so mehr, als er in seiner Kunst die Bahn zu der schönen Methode unserer Tage eröffnet hat. Hiervon gibt ein gültig Zeugniss, dass alle berühmten Bildhauer und Maler, welche nach ihm lebten, in jener Capelle sich übten und ihre Studien machten: Giovanni da Fiesole, Fra Filippo, Filippino, der sie beendigte, Alesso Baldovinetti, Andrea del Castagno, Andrea del Verrocchio, Domenico del Ghirlandajo, Sandro Botticelli, Lionardo da Vinci, Pietro Perugino, Fra Bartolommeo di San Marco, Mariotto Albertinelli, und der göttliche Michel Angelo Buonarotti; auch Raphael von Urbino lernte hier den Anfang seiner herrlichen Methode.“ Da die Kuppel nicht Raum für Alle hat, wählte Cornelius die drei grössten von ihnen: Leonardo, Michel Angelo und Raphael, und versetzte sie in die Mitte der Kuppel.

Die fortschreitende Entwickelung der Kunst wie sie von Neuem durch Fiesole und Masaccio angebahnt worden, gibt dem Cornelius Veranlassung zu allgemeinen Betrachtungen, die er in Bildern der

Lunette (Tafel 12)

in eine künstlerische Form fasst. Zweifach sind die Kräfte, denen der Künstler sein Schaffen verdankt. Unbewusst und ungesucht kommen ihm Gedanken und Anschauungen, wie im Traume, und steigen von oben, wie die Engel der Jacobsleiter, zu seiner Seele nieder; unerlässlich ist die Gabe der Phantasie; aber sie allein führt nicht zur Vollendung. Ueber Gewinnsucht, Geistesarmuth, rohen Sinnengenuss und selbst über die irdische Liebe muss der Künstler durch seinen Genius emporgehoben werden, dass er mit offenen Augen die Welt schaut, über welche Venus Urania das Sternenzelt ausbreitet. Beide Bilder werden durch ein heiteres und reiches Ornament getrennt, in welchem Amoretten zwischen Blätterranken mit Centauren scherzen, Genien Blumen streuen, und in der Höhe Amor und Psyche ihre Verbindung feiern.



Empfohlene Zitierweise:
Text von Ernst Förster: Peter von Cornelius − Entwürfe zu Fresken in den Loggien der Pinakothek zu München . Verlag von Alphons Dürr, Leipzig 1875, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Cornelius_Loggien-Bilder_M%C3%BCnchen.pdf/37&oldid=- (Version vom 31.7.2018)