Seite:David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Bd 1.djvu/190

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Durch den soeben geführten Nachweis, daß das Produkt aller Charaktere ist, erkennen wir zugleich, daß die Anzahl der Geschlechter im quadratischen Körper höchstens gleich der Hälfte aller an sich denkbaren Charakterensysteme, d. h. höchstens gleich sein kann.

18. Die Existenz der Geschlechter im quadratischen Körper.

§ 71. Der Satz von den Normen der Zahlen eines quadratischen Körpers.

Es bleibt noch übrig, den anderen Teil des Fundamentalsatzes 100 als richtig zu erkennen, d. h. den Nachweis zu führen, daß die eben gefundene Bedingung, welche ein System von Einheiten notwendig erfüllen muß, damit dasselbe als das Charakterensystem eines Geschlechtes in vorkommen kann, auch für diesen Umstand hinreichend ist. Dieser Nachweis kann auf zwei völlig verschiedenen Wegen erbracht werden; der erste Weg ist rein arithmetischer Natur, der zweite benutzt wesentlich transzendente Hilfsmittel. Der erste Beweis geschieht durch folgende Überlegungen:

Satz 102[2]. Wenn zwei ganze rationale Zahlen bedeuten, von denen keine Quadratzahl ist, und die für jede beliebige Primzahl die Bedingung

erfüllen, so ist die Zahl stets gleich der Norm einer ganzen oder gebrochenen Zahl des Körpers .

Beweis. Wegen ist gemäß der Bemerkung auf S. 172 oben wenigstens eine der beiden Zahlen , positiv. Wir dürfen voraussetzen, daß und keine rationalen quadratischen Faktoren enthalten. Bedeutet dann eine in als Faktor enthaltene Primzahl, welche zugleich in der Diskriminante des Körpers aufgeht, so ist gleich der Norm eines Ideals in . Bedeutet ferner eine ungerade, in , aber nicht in aufgehende Primzahl, so ist, wegen

,

diese Primzahl ebenfalls gleich der Norm eines Ideals in . Ist endlich die Primzahl 2 in , aber nicht in der Diskriminante des Körpers enthalten, so ist wegen wiederum die Primzahl 2 gleich der Norm eines Ideals in , und mithin gibt es in


  1. [360] Sur la solution des problèmes indéterminés du second degré. Werke 2, 375 (1868).
  2. Die Kriterien für die Auflösbarkeit der quadratischen ternären diophantischen Gleichungen sind zuerst von Lagrange gefunden worden. [Lagrange (1[1]).]
Empfohlene Zitierweise:
David Hilbert: David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie. Julius Springer, Göttingen 1932, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:David_Hilbert_Gesammelte_Abhandlungen_Bd_1.djvu/190&oldid=- (Version vom 8.12.2022)