Die Aufstellung des Zerlegungs-, des Trägheits- und des Verzweigungskörpers für ein gegebenes Primideal in kann auf Grund der Bedeutung dieser Unterkörper mit Hilfe der in § 95, § 96 und § 97 bewiesenen Sätze über die Zerlegung einer rationalen Primzahl im Kreiskörper leicht bewirkt werden. So ergibt sich insbesondere das folgende Resultat:
Satz 129. Bedeutet eine ungerade Primzahl, und betrachtet man den Kreiskörper der -ten Einheitswurzeln, so ist für das in enthaltene Primideal der Körper ein überstrichener Verzweigungskörper und der in ihm enthaltene Körper der -ten Einheitswurzeln der Verzweigungskörper, während der Körper der rationalen Zahlen gleichzeitig die Rolle des Zerlegungs- und des Trägheitskörpers für übernimmt. Ist ferner ein von verschiedenes Primideal in vom Grade , so ist für der Körper selbst der Trägheitskörper, während als Zerlegungskörper von derjenige Unterkörper -ten Grades von erscheint, der zu der Substitutionengruppe
gehört. Dabei bedeutet eine solche Substitution der Gruppe des Körpers , welche mit ihren Potenzen diese Gruppe vollständig erzeugt.
Wir erweitern nunmehr den Begriff des Kreiskörpers, wie er bisher in Betracht kam; wir bezeichnen als einen Kreiskörper schlechthin nicht nur einen jeden durch die Einheitswurzeln von irgendeinem Exponenten bestimmten Körper , sondern auch einen jeden, irgendwie in einem solchen besonderen Kreiskörper enthaltenen Unterkörper. Da jeder Körper ein Abelscher Körper ist und ferner, wenn und irgendwelche Exponenten bedeuten, der Körper der -ten Einheitswurzeln und der Körper der -ten Einheitswurzeln beide zugleich in dem Körper der -ten Einheitswurzeln als Unterkörper enthalten sind, so gelten für diesen erweiterten Begriff des Kreiskörpers allgemein die folgenden Tatsachen:
Satz 130. Jeder Kreiskörper ist ein Abelscher Körper. Jeder Unterkörper eines Kreiskörpers ist ein Kreiskörper. Jeder aus Kreiskörpern zusammengesetzte Körper ist wiederum ein Kreiskörper.
Es ist nun eine fundamentale Tatsache, daß die erste Aussage in diesem Satze 130 sich, wie folgt, umkehren läßt:
Satz 131. Jeder Abelsche Zahlkörper im Bereiche der rationalen Zahlen ist ein Kreiskörper [Kronecker (2[1], 13[2]), Weber (1[3]), Hilbert(6[4])].
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Kronecker, Leopold: Über die algebraisch auflösbaren Gleichungen, in: Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 1853 S. 365–374 Berlin-Brandenburgische Akademie und 1856, S. 203–215 MDZ München
- ↑ Kronecker, Leopold: Über Abelsche Gleichungen, in: Monatsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 1877, S. 845–851 Berlin-Brandenburgische Akademie
- ↑ Weber, Heinrich: Theorie der Abel’schen Zahlkörper, in: Acta Mathematica, Band 8 (1886) S. 193–263 Internet Archive und Band 9 (1887) S. 105–130 Internet Archive
- ↑ Hilbert, David: Ein neuer Beweis des Kronecker’schen Fundamentalsatzes über Abelsche Zahlkörper, in: Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen – Mathematisch-Physikalische Klasse, 1896, S. 29–39 GDZ Göttingen
David Hilbert: David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie. Julius Springer, Göttingen 1932, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:David_Hilbert_Gesammelte_Abhandlungen_Bd_1.djvu/223&oldid=- (Version vom 31.7.2018)
- ↑ [358] Über die algebraisch auflösbaren Gleichungen. Ber. K. Akad. Wiss. Berlin 1853.[WS 1]
- ↑ [359] Über Abelsche Gleichungen. Ber. K. Akad. Wiss. Berlin 1877.[WS 2]
- ↑ [361] Theorie der Abelschen Zahlkörper. Acta Math. 8 u. 9 (1886), (1887).[WS 3]
- ↑ [358] Ein neuer Beweis des Kroneckerschen Fundamentalsatzes über Abelsche Zahlkörper. Nachr. K. Ges. Wiss. Göttingen 1896.[WS 4]