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Eugen Schneider: David Wolleber, ein Bild aus den Anfängen der württembergischen Geschichtschreibung. In: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte NF 20 (1911), S. 289–309

Chronik verfaßt, die nicht ohne Kritik und mit Ansatz zu systematischer Darstellung eine württembergische Historia von den ältesten Zeiten an bot und in der Vorrede wie in einigen Kapiteln Fragen über den Stand der Geschichtschreibung, den Ursprung der Herren von Württemberg, die Herkunft der vielen Graf- und Herrschaften des Landes und die Deutung des Namens Württemberg behandelte. Alle diese Kapitel hat Wolleber anstandslos in seine beiden Bearbeitungen von Historia und Zeitbuch, die Stuttgarter Abschrift seiner Chronik und in seine Chorographie herübergenommen. Ähnlich bei anderen Abschnitten. Der Kanzler Johann Feßler hatte eine Geschichte Eberhards im Bart, namentlich seiner Erhebung zum Herzog, geschrieben; Wolleber hat sie ohne weiteres abgeschrieben. Dr. Georg Gadner, den er auch unter seinen Gewährsmännern nennt, hatte auf Weisung des Herzogs Ludwig für den Erzherzog Ferdinand von Österreich die Herzoge Eberhard im Bart und Eberhard II., später auch Ulrich und Christoph behandelt, wobei ihm die Registratoren an die Hand gingen. Die betreffenden Abschnitte Wollebers erinnern sehr stark an Gadner, wobei dahingestellt sein mag, ob er seine Darstellung selbst oder Vorarbeiten dazu benützt hat. Da wir wissen, daß er eine Handschrift des Schorndorfer Präzeptors Ried über die Städte Stuttgart, Schorndorf und Waiblingen in Händen hatte, dürfen wir mit Sicherheit annehmen, daß die besonders umfangreichen Kapitel Wollebers über diese Städte von Ried stammen. Ähnlich weisen die Kapitel über Gmünd und über den Krieg Württembergs mit Eßlingen in den Jahren 1449–1450[1] auf selbständige Schriften ungenannter Verfasser. Von der ausführlichen Geschichte der Verheerung der Grafschaft Mömpelgard durch die Franzosen[2], die Wolleber in einige Bände aufnahm, wissen wir, daß sie sich auf Berichte der Amtleute stützt und 1588 gedruckt erschien. Von Jakob Frischlins Chorographie Württembergs, die Wolleber vorlag, hat er dagegen höchstens den Namen benützt.

Übrigens haben wir Kenntnis davon, daß der Chronist auch durch persönliche Erkundigungen sein Wissen vermehrt hat. Von Briefen, die er mit Martin Crusius gewechselt hat, war schon die Rede. Daß Crusius ihn achtete, ergibt sich aus einer Stelle in seinen Annales Suevici (III, 821). Bei der Beschreibung jener Reise im Jahr 1588, auf der er die Überreste der Burg Hohenstaufen aufnahm, gibt er an, daß er in Weiler bei Schorndorf den David Wolleber begrüßt habe, der gleichfalls der schwäbischen Geschichte nachspüre. Die Inschriften auf den badischen


  1. Vgl. Chr. Fr. v. Stälin, Wirtemb. Geschichte 3, 476 Anm. 3.
  2. Nach einer Öhringer Handschrift gedruckt von G. Bossert in Vjh. für württ. Landesgeschichte 1880, 9 ff.
Empfohlene Zitierweise:
Eugen Schneider: David Wolleber, ein Bild aus den Anfängen der württembergischen Geschichtschreibung. In: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte NF 20 (1911), S. 289–309. Kohlhammer, Stuttgart 1911, Seite 305. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:David_Wolleber_-_ein_Bild_aus_den_Anf%C3%A4ngen_der_w%C3%BCrttembergischen_Geschichtschreibung.djvu/17&oldid=- (Version vom 31.7.2018)