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Eugen Schneider: David Wolleber, ein Bild aus den Anfängen der württembergischen Geschichtschreibung. In: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte NF 20 (1911), S. 289–309

Er wolle künftig ohne herzogliche Erlaubnis keinem Menschen mehr etwas schreiben. Doch diese feine Unterscheidung zwischen Advokazieren und Schreiben von Supplikationen machte bei der Behörde keinen Eindruck, und das Unglück wollte, daß, während er im Gefängnis saß, schon wieder eine scharfe und weitläufige Supplikation, die er für einen Bauer gegen einen Beamten aufgesetzt hatte, bekannt wurde. Die Folge war, daß er noch einmal acht Tage brummen mußte und eine scharfe Verschreibung für künftiges Wohlverhalten von sich geben sollte. Wenn ihm das Schreiben auch verboten werde, so klagte er, wisse er sich nicht mehr zu helfen; die Feder sei seine Wage und sein Pflug, die ihn ernähren; wenn man ihn im Lande nicht anstelle, möge man ihn seine geringe Habe in Weiler verkaufen und in die Fremde ziehen lassen. Auch der Schorndorfer Untervogt verwendete sich für ihn, da er auf das Schreiben angewiesen und als kleine vernaiselte Kruft (verkrüppeltes Männchen) zu harter Arbeit nicht fähig, allerdings voll überflüssiger Hitze sei. Die Regierung verschob das Verlangen der Verschreibung; da machte ein weiterer Fall das Maß voll. Kaum war Wolleber wieder frei, so wurde zu Winnenden ein Ehepaar aufgegriffen, das in Waiblingen mit Ruten gestrichen und des Landes verwiesen worden war. Das Ehepaar wollte eine Supplikation übergeben, die von Angriffen gegen den Untervogt und die Richter in Waiblingen strotzte. Im Verhör sagte es aus, es habe nur um Gnade bitten wollen; aber der Schreiber Wolleber habe erklärt, man habe in Waiblingen gegen die kaiserlichen Rechte gehandelt; er wolle den Untervogt vor dem Gericht zu Waiblingen herausnehmen wie einen Fuchs aus einem Haufen Hühner; nicht das Gericht, sondern allein der Untervogt habe Unrecht. Jetzt sollte Wolleber noch einmal acht Tage gefangengelegt und nur gegen die erwähnte Verschreibung losgelassen werden. Diesmal hatte er Wind bekommen und war entwichen.

Während er landflüchtig umherirrte, reichte seine Verwandtschaft ein Gnadengesuch beim Herzog ein. Er habe in seiner langen Tätigkeit nie falsche Briefe oder Siegel gemacht, habe, wenn er sich auch manchmal hitzig und scharf ausgedrückt, meist nur geschrieben, was ihm in die Feder diktiert worden sei. Würde er die verlangte Urfehde schwören, so wäre das für ihn, den Schreiber, wie wenn ihm beide Hände abgehauen würden. Urfehde müssen außerdem sonst nur Übeltäter schwören; da er aber unschuldig sei, würde ihm der Schwur den Verlust der ewigen Seligkeit bringen. Das Gnadengesuch wurde abgeschlagen. Als Wolleber fünf Monate vergeblich sich im Ausland um Dienste beworben hatte, wurde es erneuert. Seine Frau ging selbst zu Herzog Friedrich nach Böblingen und fiel ihm zu Füßen. Alles vergeblich. Im August 1595 mußte sich

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Eugen Schneider: David Wolleber, ein Bild aus den Anfängen der württembergischen Geschichtschreibung. In: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte NF 20 (1911), S. 289–309. Kohlhammer, Stuttgart 1911, Seite 295. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:David_Wolleber_-_ein_Bild_aus_den_Anf%C3%A4ngen_der_w%C3%BCrttembergischen_Geschichtschreibung.djvu/7&oldid=- (Version vom 31.7.2018)