Befriedigenderes, als an sich glauben zu können. In solchen kleinen Gemeinden floriert dann auch diese höchste Blüte der eigenen Wichtigkeitsüberzeugung – der Glaube an ein persönliches Fortbestehen. Es scheint doch ganz unmöglich, daß Herr A, mit dem man alle Samstag seit dreißig Jahren gekegelt hat, Frau B, mit der man schon auf der Schule in Rivalität lebte, plötzlich ganz ausgewischt, wie nie gewesen, sein sollen. Das kann solch bedeutenden Persönlichkeiten nimmer widerfahren! Sie sind zeitweise unsichtbar, auf der großen Reise begriffen, die alle mal antreten – aber nachher wird man sich wieder finden, ganz selbstverständlich. – Wer aber von den Wellen an zahllose fremde Küsten verschlagen worden ist und gesehen hat, daß überall und seit unendlichen Zeiten Millionen und Millionen geboren und begraben werden, ohne daß ihr Kommen und Gehen mehr Bedeutung hätte als Mückenschwärme, die einen Augenblick durch die Sonnenstrahlen schweben, der verliert den Glauben an die Wichtigkeit der Erscheinungen und an die innere Notwendigkeit der ewigen Fortdauer all dieser ganz gleichgültigen ameisenartigen Existenzen, die in individuell kaum unterscheidbaren Wiederholungen immer aufs neue entstehen und vergehen. Wenn einem dann die Erkenntnis aufgeht, daß man selbst auch nur in
Elisabeth von Heyking: Briefe, die ihn nicht erreichten. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1903, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Briefe_die_ihn_nicht_erreichten_Heyking_Elisabeth_von.djvu/88&oldid=- (Version vom 31.7.2018)