„Ach, Herr Wirt,“ grüßte Häcksel den Türwächter des Kinotheaters, das er für ein Wirtshaus hielt, „kann ich hier ein Glas Bier trinken.“
„Natürlich,“ nickte der, „Bier gibt es auch in den Zwischenpausen.“
Dann mußte Häcksel an einer Kasse einen Platz für das Biertrinken bezahlen und kam in einen dunkeln Saal, wo man mit dem Licht sparte. Das kam ihm seltsam vor. Im dunkeln Saal war nur eine helle Wand, durch die sah man hinaus auf eine lebendige Welt.
Häcksel dachte: Die Leute sitzen hier wie in der Kirche, und die Dunkelheit ist gruselig, vielleicht ist das das Jüngste Gericht. Denn alle Anwesenden waren totenstill und alle sahen auf Schattenmenschen, die auf einer Wand erschienen und zitternd in einem Lichtstrahl vorüberliefen, lautlos und ohne Stimme, und dazu ertönte von unsichtbaren Musikanten eine Musik. Aber Häcksel nahm sich vor, lieber auch auf das Glas Bier zu verzichten, als sich dem totstillen Jüngsten Gericht auszuliefern und einzugestehen, daß er einen Gurt voll unrechtmäßig erworbener Silbergulden bei sich habe.
Er drehte sich rasch entschlossen auf dem
Max Dauthendey: Geschichten aus den vier Winden. Albert Langen, München 1915, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Geschichten_aus_den_vier_Winden_Dauthendey.djvu/109&oldid=- (Version vom 31.7.2018)