die eisige Nachtluft seinen erhitzten Kopf abkühlen. „Du glaubst wohl gar, daß ich junge Mädchen nachts bei mir empfange?“
„Ja, was soll ich denn anderes glauben?“ wimmerte die weinende Frau und drückte ihren Muff vors Gesicht. „Du hast es ja selbst vorhin vor allen Freunden gesagt, daß zur Stunde der Maus junge Mädchen bei dir umgehen.“
„Da habe ich im Weinnebel Dummheiten gesprochen,“ verteidigte sich der Mann. „Mein Zimmer hat niemals ein anderer Frauenfuß betreten als der deinige, mit Ausnahme des alten Weibes, das dort Ordnung macht und täglich die Stube reinigt.“
„Ist das wahr?“ sagte die Frau des Südfrüchtenhändlers und sah ihren Mann an und zog ihn am Arm, damit er ihr ins Gesicht sehen sollte.
„Ich schwöre es dir,“ beteuerte er. Aber er sah sie nicht an, sondern starrte hinauf in den Himmel, wo die Sterne wie Pyramiden aufgehäufter goldener Früchte glänzten.
Die Frau atmete auf und lachte sich selbst aus, daß sie so schnell Übles gedacht hatte von dem, den sie immer als rechtschaffen und treu gekannt hatte. Und sie nahm sich jetzt
Max Dauthendey: Geschichten aus den vier Winden. Albert Langen, München 1915, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Geschichten_aus_den_vier_Winden_Dauthendey.djvu/229&oldid=- (Version vom 31.7.2018)