Häcksel wieder zurückkehren und wollte eine Ausrede gebrauchen. Er wollte sich im Bergwerk entschuldigen und sagen, er habe sich zwei Tage im Walde verirrt und verlaufen.
Der Floh, den morgens im kalten Februarwald fror, setzte sich hinter Häcksels linke Ohrmuschel unter das warme Haar des Burschen und betrachtete von dort die Gegend. Bald merkte Häcksel, daß alle Gedanken, die er im linken Ohr hörte, ihm von Zinnoberchen eingegeben waren, und nur die Gedanken im rechten Ohr waren seine eigenen. So schritt er mit den zweierlei Gedanken wie im Frage- und Antwortspiel über den holprigen Waldweg, wo der Schnee getaut war und fast laues Vorfrühlingswetter herrschte.
„Ich bin der erste Bergwerkfloh der Welt, der an das Tageslicht kommt,“ sagte Zinnoberchen zum linken Ohre Häcksels.
„Nun weiß ich, warum ich so zufrieden bin,“ meinte das rechte Ohr zum linken Ohr, „weil ich Bergwerkgesellschaft habe am hellen Tag.“
Zinnoberchen hing sich an einem Schläfenhaar fest und schaukelte an diesem Haar im Winde hin und her, denn es war ihm kreuzwohl.
Max Dauthendey: Geschichten aus den vier Winden. Albert Langen, München 1915, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Geschichten_aus_den_vier_Winden_Dauthendey.djvu/90&oldid=- (Version vom 31.7.2018)