– auch meine Liebeshoffnung nicht! – –“ Er schwieg, überwältigt von der Erinnerung.
„Verstehst du nun, daß ich den Gedanken nicht ertragen kann, dich ebenso – nein – noch viel unglücklicher werden zu sehen als mich? – Du wirst ja nicht einmal Kinder haben!“
Ich zuckte zusammen, – aber rasch und gewaltsam hatte ich die Empfindung auch schon niedergekämpft, die ihm Recht hätte geben können.
„Alle armen, alle verlassenen Kinder in der Welt werden meine Kinder sein –“ antwortete ich, „für sie werde ich denken und arbeiten!“
Papa stand auf: „So habe ich dir nichts mehr zu sagen. Du bist majorenn, du bedarfst meiner Erlaubnis nicht. Nur um eins bitte ich dich, und deine Mutter wird dieselbe Bitte dem – dem Professor vortragen – ich selbst fühle mich nicht stark genug, ihn zu sehen –: Warte nur noch ein halbes Jahr, – prüfe dich währenddessen. Du kannst, ungehindert durch mich, deinen Verkehr in derselben Weise fortsetzen wie bisher, – bist du dann noch entschlossen, – so strecke ich die Waffen.“
Ich wollte danken, – war doch dies Zugeständnis weit mehr, als ich nach dem gestrigen Auftritt noch glaubte erwarten zu dürfen, – aber er entzog mir seine Hand und verließ hastig das Zimmer.
Noch am Abend schrieb mir Georg, den meine Mutter inzwischen aufgesucht hatte:
„… Wir hatten eine lange ernste Unterredung miteinander, die mir um so größeren Eindruck machte, als kurz vorher der Oberst Glyzcinski hier gewesen war, dem ich mich in meiner Aufregung verriet, und der mir
Lily Braun: Memoiren einer Sozialistin. Albert Langen, München 1909, Seite 580. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Memoiren_einer_Sozialistin_-_Lehrjahre_(Braun).djvu/582&oldid=- (Version vom 31.7.2018)