zu heilen?“ – Der Tintenfisch wurde immer heftiger, – „mir scheint, Sie halten mich für einen Barbier, oder wollen Sie mich verhöhnen? Sie, Barsch, – Hut und Stock, – ja!“
Einer nach dem andern schwamm fort: „Was einen hier in diesem Leben doch alles treffen kann, schrecklich – nicht?“
Bald war der Platz leer, nur hin und wieder kam der Barsch mürrisch zurück, nach einigen verlorenen oder vergessenen Dingen zu suchen.
Auf dem Grunde des Meeres regte sich die Nacht. Die Strahlen, von denen niemand weiß, woher sie kommen und wohin sie entschwinden, schwebten wie Schleier in dem grünen Wasser und schimmerten so müde, als sollten sie nie mehr wiederkehren.
Die arme Seerose lag unbeweglich und sah ihnen nach in herbem Weh, wie sie langsam, langsam in die Höhe stiegen.
Gestern um diese Zeit schlief sie schon längst, zur Kugel geballt, in sicherem Versteck – und jetzt! – Auf offener Straße umkommen zu müssen, wie ein – Tier! – Luftperlen traten ihr auf die Stirne.
Und morgen ist Weihnachten!!
An ihren fernen Gatten mußte sie denken, der sich, weiß Gott wo, herumtrieb. – Drei Monate nun schon Tangwitwe! wahrhaftig, es wäre kein Wunder gewesen, wenn sie ihn hintergangen hätte.
Ach, wäre doch wenigstens das Seepferd bei ihr geblieben! –
Sie fürchtete sich so! –
Immer dunkler war es, daß man kaum mehr die eigenen Fühler unterscheiden konnte.
Breitschultrige Finsternis kroch hervor hinter Steinen und Algen und fraß die verschwommenen Schatten der Korallenbänke.
Gustav Meyrink: Orchideen. München o. J., Seite. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Orchideen_Meyrink.djvu/090&oldid=- (Version vom 31.7.2018)