Doch als sie aus dem Hause trat, um durch den verwilderten Garten zurückzuschreiten, gewahrte sie, daß er nicht mehr, wie vorhin bei ihrem Kommen, den Tieren des Waldes allein überlassen war. Die menschlichen Bewohner der nahen Höhlen mußten sie wohl erspäht haben und waren ihr nachgeschlichen. Auch sie früher oft geschaute Gestalten!
Den Fakir, der damals täglich hier oben im Walde die heiligen Affen fütterte, erkannte sie wieder; mit dem struppigen, aschebestreuten Haar, den rotgeränderten rollenden Augen und dem flammenden Kastenabzeichen auf der lehmfarbenen Stirn, so stand er da in staubige Lumpen gehüllt, und an ihn drängte sich dreist der große, so seltsam menschenähnliche Affe, der sie vorhin mit seinen wilden Sprüngen auf dem Dache erschreckt hatte.
Inmitten des einstmaligen Rasens aber, wo jetzt der Sonne Brand wucherndes Unkraut bräunte, hockte ein alter Gaukler. Er trug die ockergelbe Gewandung der Schlangenbeschwörer und auf dem Haupte einen hohen Turban, in dessen Gewinde ein paar Pfauenfedern gesteckt waren. Hart und gefurcht, wie die ewigen Felsen des Himalaya, war sein Antlitz, und die Augen, über denen das Spiel der Lider nicht auf und nieder ging, blickten wie erstarrt im Grauen vor einstmals Geschautem.
Elisabeth von Heyking: Weberin Schuld. G. Grote’sche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1921, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Weberin_Schuld_Heyking_Elisabeth_von.djvu/027&oldid=- (Version vom 31.7.2018)