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die Königin verlangt, an dem Rate teilzunehmen, doch dies widersprach zu sehr den alten Gebräuchen des Landes, in dem die Frauen abgeschlossen ihr Dasein verträumten. Solche Sitten abzuändern, würde eine ihrer ersten Sorgen sein, dachte die Königin unwillig, während sie, umgeben von ihren Dienerinnen, in dem Garten harrte, daß der König käme, ihr zu verkünden, was beschlossen worden. Und sie beneidete ihn, daß er handeln konnte, während sie die eigene feurige Seele nur in der unbeachtetsten aller Künste, dem tatenlosen Warten, üben durfte.

Schwüler und beklemmender noch als sonst dünkte es die Königin heute in der Stille des alten Gartens, und gefolgt von den schwarzäugigen Mädchen, trat sie auf einen freien Altan am Ende der Allee blühender Mangobäume, zu sehen, ob dort vielleicht etwas frischere Luft wehe.

Von hier aus bot sich ein weiter Ausblick, und man gewahrte, daß der Garten, von Mauern gestützt, am Abhang eines Abgrundes lag. Jäh senkten sich die Felsen hinab in die Tiefe, doch das Dräuende der Lage war verhüllt durch zahllose Blumen, die in daseinsfroher Üppigkeit zwischen dem Gestein wucherten. Ganze Schleier weißer Sternenblüten hatte duftender Jasmin über die Klippen der schaurigen Schlucht gebreitet, und

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Elisabeth von Heyking: Weberin Schuld. G. Grote’sche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1921, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Weberin_Schuld_Heyking_Elisabeth_von.djvu/084&oldid=- (Version vom 31.7.2018)