unterliegen - das ist der Fluch derer, die sich über das Maß des Feststehenden erheben.
Und zum erstenmal empfand die Königin die Angst vor dem Unterliegen.
Aber woran lag es, wenn sie in dem Beginnen, an das sie all ihre Kräfte und Wünsche gesetzt, geschlagen wurde?
Sie kannte all die Einwände äußerlicher Natur, die gegen ihr Unterfangen erhoben werden konnten; unheimlicher als je früher erschienen ihr diese Gefahren. Aber eine Stimme in ihrem Innern sagte ihr doch, daß es nicht die äußeren Hindernisse seien, an denen sie untergehen würde, daß sie nur den Anlaß und nicht den tiefinnersten Grund bildeten. Sie erkannte, daß es keine Schwierigkeiten gibt, für die sich nicht auch Persönlichkeiten finden ließen, sie zu überwinden. Aber wie war die Persönlichkeit, die hier den Schwierigkeiten gegenüber stand? - - Ein leicht zu entflammender Schwärmer, der durch Worte und Visionen in eine Lage gebracht worden, der er nicht gewachsen war. Die Königin hatte früher immer gedacht: nur erst die Lage schaffen, dann würden sich auch bei dem König von selbst die nötigen Eigenschaften einstellen, - sie dachte das von allen Menschen, besonders aber von Königen, - und sie selbst wollte ihm ein unversiegbarer Born der Kräfte
Elisabeth von Heyking: Weberin Schuld. G. Grote’sche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1921, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Weberin_Schuld_Heyking_Elisabeth_von.djvu/102&oldid=- (Version vom 31.7.2018)