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es war die Schuld, der Menschheit urältester Schatten.

Was keinem gelungen, das vermochte die Schuld: sie warf mich geknechtet zu Boden. Und unter ihrem eisernen Griff erstarb die Sehnsucht, die große, die bis dahin auf Schwingen mich getragen. – Als erst die Schuld im Haus gewohnt, folgten ihr zwei emsig webende Spinnen; die spannen Netze so dicht und so grau, daß sie mein ganzes Leben bedeckten. Die Spinnen waren beide Töchter der Schuld: Vereinsamung hießen sie und Verurteiltsein.

Wie lang die Zeit währte, die also verstrich – ich weiß es nicht mehr, denn das tagezählende Hoffen war in mir erloschen. – Da plötzlich eines Morgens pocht’ es laut bei mir an; das Tor sprang auf an rostigen Angeln; die düstern Gäste entflohen. Das ganze Haus von Glanz durchstrahlt und inmitten des Scheins eine lichte Gestalt! Sie hielt die Hand mir entgegen und sprach mit jauchzender Stimme: ›Ich bin das Glück, das deine Sehnsucht rief, ich komme, dich mit mir zu führen.‹

Ich aber schaute das Glück mit leeren Augen an.

Seine Worte hatten keinen Sinn mehr für mich. Sie klangen wie Hohn in meinem Jammer. ›Heb’ dich hinweg,‹ schrie ich auf, ›du kommst zu spät – nicht rein mehr sind meine Hände.‹ – Wie der sagenhafte Krieger

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Elisabeth von Heyking: Weberin Schuld. G. Grote’sche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1921, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Weberin_Schuld_Heyking_Elisabeth_von.djvu/126&oldid=- (Version vom 31.7.2018)