wollte, stand auch er auf und bat um die Erlaubnis, sie hinbegleiten zu dürfen. Etwas befangen, aber freundlich sagte sie „Ja“ und verwickelte sich hoffnungslos in den schwarzen Spitzenschal, den ihr der galante Herr Tewes mit großem Eifer umlegte. Doch war sie kaum gerüstet, als auch Johann hinzutrat und sagte, daß er gleichfalls gehe. Hannchens klare Augen glänzten auf, Tewes Gesicht längte sich merklich, doch bemühte er sich um eine lebhafte Unterhaltung mit dem stillen Fräulein und nahm umständlichen Abschied an der Kirchentür.
Hannchen sah nach ihrem Kirchgange den ganzen Tag andächtig und feierlich aus, und zwischen den vier Geschwistern herrschte eine gehobene Zärtlichkeit. Gegen Abend machten sie alle noch einen wunderschönen Spaziergang über die Wälle und freuten sich an der Windmühle am Millerntor und an den Hängeweiden am spiegelblanken Stadtgraben. Aber daß es schon Georginen gab, machte sie ganz betroffen.
„Die kommen jedes Jahr früher! die mag ich gar nicht gern, und ich mag doch sonst alle Blumen,“ sagte Hannchen.
Am Dienstag nachmittag kam Fritz eilig zu den Schwestern hinaufgelaufen.
„Herr Tewes ist da, unten bei Johann in der Kellerstube. Er fragt nach euch, ich darf ihn doch raufbringen?“
Ilse Frapan-Akunian: Zwischen Elbe und Alster. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin, Leipzig 1908, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwischen_Elbe_und_Alster_Frapan_Ilse.djvu/032&oldid=- (Version vom 31.7.2018)