so schön leer war, aber heut durfte man nicht darin springen; die dicke Wirtsfrau, eine Landsmännin der Mutter, saß auf einem Stuhl neben der Kranken, hielt einen leeren Suppenteller auf dem Schoß und machte eine beschwichtigende Handbewegung nach der Kleinen zu.
„Kätterle,“ rief die Mutter vom Bett, die schmalen Hände nach ihrem Kinde ausgestreckt, „mei arm’s, arm’s Tröpfle! I mein, i muß ersticke, was sollst au anfange, wann i nimmer da bin!“
Das Kind streichelte ihr die Wangen.
„Heul nit, Mütterle, nachher sorg i für di!“ flüsterte es.
„Kätterle, goldig’s,“ seufzte die gutmütige Wirtin, „i han no e Süpple für di drunte! ’s ist e Sünd und e Schand von dei’m Vatter, daß er nix für sei arm’s Tröpfle tut.“
Die Kranke weinte und hustete.
„I han kei Vatter,“ sagte das Kind.
Die Wirtin drückte die Kleine an sich: „Du hast ein’, Kätterle, und du bist e kluges Dingele, und wenn i du wär, i tät zu ihm gehe und sage: Ach Vatter, mei Mutterle is krank, tu doch au ebbes an dei’m arm Tröpfle.“
„Nit weil i leb,“ stöhnte die Kranke abwehrend.
Das Brosämle hatte die Augen weit aufgerissen:
„Wer is denn mei Vatter nachher?“ sagte es verwundert.
Ilse Frapan-Akunian: Zwischen Elbe und Alster. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin, Leipzig 1908, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwischen_Elbe_und_Alster_Frapan_Ilse.djvu/073&oldid=- (Version vom 31.7.2018)