Hein fuhr fort, sie in düsterm Schweigen anzusehen, ganz fremd und kalt.
Da sank ihr Mut. Zwei helle Tränen erschienen in den lachenden Augen; sie ließ seine Hand los.
„Bist immer gleich so bös mit mir,“ schluchzte sie auf, „immer gleich bös. Was tu ich denn? Ich bin ja noch nicht so alt, andern Monat werd ich achtzehn. Kein Mutter und Vater hab ich auch nich mehr, bloß Sophie, und das is man meine Stiefschwester. Und denn dich, und du bist gleich so bös. Wär ich man lieber häßlich, wär ich man lieber tot! – Ob ich die Rose hab oder nich – und der Maschinist, was braucht sich der um mich zu bekümmern! Er is ja ’n feiner Herr, was will er von mir, nich, Hein? Und ich hab ja all mein Teil, nich? Und was kann ich dafür, daß ich nicht so häßlich bin, und daß du mich nich mehr leiden magst, und wir sind man erst drei Monat verheirat – und –“
Sie endete mit lautem Weinen. Heinrich hatte sie in den Arm genommen und sprach ihr zu: „Lat man, Gesch! nicht bös mit di, Deern, lat man. Du kannst da ok nix vor, aber – –“
Ein höhnender Windstoß riß ihm den Schirm aus der Hand und drängte die beiden fast von den Füßen. Das Gespräch hörte auf; sie hatten genug
Ilse Frapan-Akunian: Zwischen Elbe und Alster. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin, Leipzig 1908, Seite 189. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwischen_Elbe_und_Alster_Frapan_Ilse.djvu/189&oldid=- (Version vom 31.7.2018)