nur leise zu schwanken schien. Als er sie betrat, war es freilich, als setze er den Fuß auf ein vom Sturm mißhandeltes, in allen Segeln zischendes, im Tauwerk ächzendes, in den Planken knarrendes Schiff. Die Betäubung des Schwindels kam über ihn, und der seltsame Rhythmus des Sturmes, dies stoßweise Atmen, dieser bald schnellere, bald langsamere Takt regierte seinen Herzschlag wie eine Uhr. Der grelle kurze Schrei der Lokomotive dicht neben ihm zerriß den Nebel, der sich um sein Hirn legte; – nur durch das Gitter geschieden, jagte das rotäugige funkenwerfende Ungetüm mit den schwarzen Fittigen an ihm vorbei, wie besiegt und auf der Flucht vor den empörten Wassern.
Der einsame Flüchtling zitterte, als er hinter einem der gewaltigen Brückenpfeiler wieder hervortrat; die Klarheit brachte ihm alles zurück; das Grauen der Nacht, die Furcht vor den fremden Gesichtern, von denen jedes einem Feinde gehören konnte. Seine Schuld hing auf ihm wie ein schwerer Sack voll widerlichen Unrats, und er war sonst ein reinlicher Mensch gewesen, so weit es anging. Er sehnte sich, ja, er hoffte noch, einen Ort zu finden, wo er die scheußliche Bürde abwerfen könne. „Wo mi keiner kennt! Wo mi keiner kennt!“ – Wenn er nur erst in Harburg wäre.
Auf Wilhelmsburg begegneten ihm Arbeiter,
Ilse Frapan-Akunian: Zwischen Elbe und Alster. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin, Leipzig 1908, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwischen_Elbe_und_Alster_Frapan_Ilse.djvu/238&oldid=- (Version vom 31.7.2018)