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Was die Durchführung der einzelnen Themen anlangt, so dürften am geistvollsten, wenigstens nach der praktischen Seite hin, die Worte: שׁמע ישׂראל‎ höre Israel! aufgefasst sein. Mancherlei Originelles bietet die letzte Parascha: Moses Segen betreffend. Zunächst wird darauf hingewiesen, dass jeder Segnende seinen Segen stets mit dem Worte angefangen habe, womit der Vorgänger den seinigen geschlossen. So endigte Abraham seinen Segen mit יתן‎, womit Jizchak begann, dieser endigte ihn mit קרא‎, womit Jacob begann, dieser endlich endigte ihn mit וזאת‎, womit Mose wieder anhub.

Nicht uninteressant ist ferner in demselben Abschnitte der Rangstreit zwischen dem Protoplasten, Noach, den drei Altvätern und Mose. Jeder will wegen seiner Verdienste grösser und bevorzugter als Mose erscheinen, jedoch Mose stellt sie alle in Schatten, da seine Thaten alles überragen, womit die Ahnen sich brüsten.

Mit grosser Lebendigkeit und schönen, Herz und Gemüth ansprechenden Zügen ist der Tod Moses geschildert. Der Gesetzgeber will nicht sterben. Als Gott den Todesengel zu ihm sendet, um seine Seele in Empfang zu nehmen, bringt er denselben durch das Aussprechen des vollen Gottesnamens zur Flucht. Sodann erscheint Mose in einem Gespräch mit seiner Seele, wobei derselben die Worte Ps. 116, 8. 9 in den Mund gelegt werden. Im letzten Absatz endlich macht Mose Gott Vorstellungen darüber, dass er nicht über den Jordan gehen, sondern sterben soll. Als er sieht, dass ihm alles, was er vor dem Allerhöchsten vorbringt, nichts hilft, sondern dass der Gerichtsbeschluss über ihn besiegelt ist, zieht er einen Kreis um sich, legt sich Fasten auf, hüllt sich in Sack und Asche und stellt sich in Gebet und Flehen vor Gott, so dass Himmel und Erde und alle Ordnungen der Schöpfung erbeben, auf Gottes Befehl jedoch schliessen sich die Himmelsthore und verhindern das Aufsteigen seines Gebetes vor dem Thron der göttlichen Herrlichkeit. Nachdem Samael, das Haupt aller Satane, ohne die Seele Moses zu Gott zurückgekehrt ist, lässt sich Gott selbst in Begleitung der drei Dienstengel: Michael, Gabriel und Sagsagel von den Himmeln herab, um sich mit Moses Begräbniss zu beschäftigen. Mose kann nicht länger widerstreben, auf Gottes Geheiss senkt er seine Augen, legt die Hände auf die Brust und zieht die Füsse zusammen. Mittelst eines Kusses[1] nimmt Gott die Seele


  1. Diese Sage beruht auf der Deutung der Worte: על פיו‎.
Empfohlene Zitierweise:
August Wünsche (Übersetzer): Debarim Rabba. Otto Schulze, Leipzig 1882, Seite VI. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DebarimRabbaGermanWuensche.djvu/004&oldid=- (Version vom 31.7.2018)