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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

die funfziger Jahre hineinzog. Aber auch die, welche die Lehre Luthers verwarfen, waren nicht ganz einig unter sich. Der eine Theil, und an deren Spitze stand Bullinger in Zürich, gab die Hoffnung auf eine Einigung mit den Lutheranern auf, und war sehr dagegen, dass der Gegensatz verdeckt werde, etwa in der Hoffnung, er lasse sich mit der Zeit noch heben.[1] Der andere Theil hielt an dieser Hoffnung noch fest. Und neben diesen standen auch solche, welche dem starren Zwinglianismus zugethan waren.[2] Eine einheitliche Lehre war also nicht vorhanden.

 Zu einer solchen kam es bei den Schweizern erst durch die Annahme des consensus Tigurinus im Jahr 1549, und darin liegt die grosse Bedeutung desselben.

 Ist damit das Bekenntniss der Schweizer in ein Stadium getreten, welches ein besseres Verhältniss der Lutheraner zu ihnen hätte anbahnen können oder sollen, so dass der bisher bestehende Gegensatz wäre aufgehoben gewesen?

 Um diese Frage, eine Frage von entscheidender Wichtigkeit, ausreichend beantworten zu können, vergegenwärtigen wir uns die Lehrentwicklung, welche bis dahin Statt gehabt hat.

 Wir beginnen mit Zwingli. So wenig wir aber eine ausführliche Darlegung der Lehre Luthers zu geben für nöthig erachteten, so wenig gedenken wir eine solche der Zwinglischen Lehre zu geben, und heben nur den Gegensatz hervor, in den sie sich gegen Luther stellt.

 Die Lehre ist diese: das heilige Abendmahl ist eingesetzt zu dem Endzweck, dass uns durch den Genuss von Brod und Wein der Versöhnungstod Christi in Erinnerung gebracht wird: denn Brod und Wein sind die Symbole des für uns gebrochenen Leibes


  1. Bullinger schreibt in einem Brief, in dem er auf Luthers letztes Bekenntniss Bezug nimmt: „Lieber will ich sterben, als die unserer Kirche anvertraute einfache und sichere Wahrheit verläugnen um einer erträumten Eintracht willen. Lieber Eintracht mit der Wahrheit und Zwietracht mit Luther, als Eintracht mit ihm und Zwietracht mit der Wahrheit.“ H. Bullinger von C. Pestalozzi p. 227.
  2. Ebrard, das Dogma vom heil. Abendmahl II, 432: „Zum Zwinglianismus, so meinten Megander und seine Geistesverwandten, gehöre durchaus, dass man jede Lebensgemeinschaft (mit Christo) läugne.“
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/145&oldid=- (Version vom 1.10.2017)