Seite:Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl.pdf/161

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

diesem Punkt zwischen beiden Reformatoren sein soll, keine Rede sein. Der Unterschied ist zum einen Theil nur der, und das ist das Verdienst Calvins, dass er die zweite Reihe von Zwinglis Aussagen bestimmter hervorhebt und in dieser Wirkung den eigentlichen Endzweck des Abendmahls erblickt; zum anderen Theil aber der, dass Calvin die Gabe, die man im Abendmahl empfängt, bestimmter an die Begriffe von Leib und Blut Christi anschliesst und aus ihnen entwickelt.[1] Da nun im Uebrigen Calvin ganz wie Zwingli lehrt, dass die Ungläubigen nicht Leib und Blut Christi bekommen, dass der Leib Christi seit seinem Weggang von der Erde einen bestimmten Ort im Himmel einnimmt; und da Calvin auch in der Erklärung der Einsetzungsworte sich mehr an Zwingli anschliesst, so besteht kein wesentlicher Unterschied in der Abendmahlslehre zwischen Calvin und Zwingli.

.

 Daraus folgt aber schon, dass auch in dem Hauptpunkt der


  1. Schweizer, l. c. p. 652: „Calvin hat nur das Eigentümliche, dass er die Sache im Abendmahl, die Einwirkung Christi oder seines Todes, dem Wortlaut der Einsetzung zu lieb irgendwie genau und direkt gerade von Christi übrigens im Himmel bleibendem Leib abzuleiten sucht. Sonst stimmt Calvin mit Zwingli zusammen.“
    Damit will gewiss auch Schweizer das Verdienst Calvins nicht schmälern, welches eben darin liegt, dass er die Gabe, welche man im Abendmahl empfängt, viel bestimmter hervorhebt: denn darum war es dem Calvin wirklich recht ernstlich zu thun, dem Abendmahl eine recht reale Gabe abzugewinnen. Er bemüht sich darum, die Aussagen in Joh. VI so real als möglich zu fassen und sie an die Einsetzungsworte anzupassen, und kommt da sogar bis zu dem Ausdruck, der heilige Geist weide uns mit der Substanz des Fleisches und Blutes Christi. Aber wie er sich da auch immer abmüht, es gilt, was Frank (die Theologie der Concordienformel III, 48) sagt: „Die lutherische Kirche, nach deren Anschauung alles Gewicht darauf fällt, ob dieses sacramentale Brodessen der Einsetzung des Herrn gemäss ein Essen seines Leibes, und ob dieses sacramentale Trinken des Weins ein Trinken seines Blutes sei, kann mit jenen Versicherungen Calvins, er lehre eine reale Mittheilung des Leibes Christi, um so weniger sich zufrieden geben, als selbst in dem Falle, Calvin lasse durch den heiligen Geist eine Communication der Substanz des Leibes, und nicht blos seiner Kraft, zu Stande kommen, diese Mittheilung durch den Glauben ihr als etwas willkührlich und eigenmächtig in den Text der Einsetzungsworte Eingetragenes, den Umfang seiner Aussage Ueberschreitendes und Durchbrechendes erscheinen muss.“
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/161&oldid=- (Version vom 1.10.2017)