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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

Traditionen am tiefsten Wurzel geschlagen hatten ... Sollte das so fortdauern, auch als der ursprüngliche Gegensatz gar nicht mehr bestand? .. Calvin war sich bewusst, dass er den Lutheranern etwas ganz anderes zu bieten habe als Zwingli; und wenn es ihm gelungen war, dessen Lehrauffassung, der er doch in keiner Weise näher stand als der lutherischen (?), über ihre Einseitigkeit hinauszuheben: warum sollte mit dieser nicht dasselbe geschehen können und hiedurch das letzte widerstrebende Element aufgehoben werden, das der allgemeinen Einigung noch im Wege stand? .. Und das erschien nun um so leichter, als der einflussreichste und werthvollste Verbündete sich bereits im Mittelpunkt des in dieser Weise einzunehmenden Gebiets befand. Es kam nur darauf an, sich vor Aller Augen mit Melanchthon in völlige Uebereinstimmung zu setzen, dem an Gewicht und Ansehen noch kein Anderer in Deutschland sich an die Seite stellen durfte, seinen Einfluss überall zu halten und zu unterstützen, die sonst schon vorhandenen Gemeinschaftsbande treulich zu pflegen, um auch die ferner Stehenden daran zu gewöhnen, und allmählig in ihren Umkreis hineinzuziehen; endlich Jegliches zu vermeiden, was den früheren Streit wieder aufwecken, was den alten Gegensatz zwischen Sachsen und Schweizern wieder in Erinnerung bringen konnte.“

 „Dies Alles war im Anfang der fünfziger Jahre im besten Gang und versprach in der That den gewünschten Erfolg. Von allen Seiten umschlossen und zurückgedrängt durch die Einflüsse jenes grossen evangelischen Gemeinschafts-Bundes, von seinen hervorragendsten Männern selber aufgegeben und auf andere Bahnen gewiesen, von dem Geist der calvinisch-melanchthonischen Union auf das Mannigfaltigste mit angefasst und bestimmt: „schien das Lutherthum in seiner gesonderten ausschliessenden Form schwerlich noch für lange Zeit sein Dasein fristen zu können.“

 Standen die Dinge wirklich so und waren das die Pläne und Hoffnungen Calvins, so begreifen wir freilich, wie der, welcher glaubt, Calvin habe zu dem allem Beruf gehabt, die durch Westphal eingetretene Wendung für ein Unglück erachten muss, begreifen aber nicht, wie man auf einen lutherischen Theologen,

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/174&oldid=- (Version vom 1.10.2017)