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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

sie nicht als evangelische Christen anerkannt, und ihnen Freiheit der Religionsübung nach ihren Gebräuchen gestattet hat. Und darin erblicken auch noch die heutigen reformirten Geschichtschreiber das Hauptunrecht, das diesen Exulanten widerfahren ist. Das war die Forderung, welche gleich in Kolding Lasco mit seinen Gefährten gestellt hatte. Ihm war es nun freilich nicht zuzumuthen, dass er zugab, seine Lehre von den Sacramenten sei, wie ihm schon an diesem Ort vorgeworfen wurde, eine häretische, und es war auch nur natürlich, dass er sich erbot, seine Lehre aus der Schrift zu erweisen. Aber war den lutherischen Magistraten und Predigern zuzumuthen, dass sie, nachdem die Führer der Exulanten offen ihren dissensus von der lutherischen Abendmahlslehre an den Tag gelegt hatten, ohne weiteres auf deren Forderungen eingingen?

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 Schon die Forderung, dass man ihnen Errichtung einer Kirche mit besonderer Lehre und besonderen Gebräuchen gestatte, war eine auffällige. Diese Fremdengemeinde trug ganz den reformirten Typus. Man sehe, wie Göbel sie beschreibt, der auch von Lasco sagt: „er war in seinen dogmatischen und gottesdienstlichen Grundsätzen entschieden Zwinglianer, und in der Verfassung ganz Calvinist.“[1] Warum wählten diese Exulanten gerade lutherische Länder? und warum steuerten sie nicht von vornherein dem Lande zu, auf welches der König von Dänemark sie sofort hinwies?[2] Setzen wir den Fall, dass eine lutherische Gemeinde nach Zürich oder Bern gekommen wäre, mit der Forderung sich da niederlassen und ihres lutherischen Glaubens in gesondertem Gottesdienst leben zu dürfen. Würde man ihrer Bitte willfahrt haben? Aber setzen wir nun gar den Fall, dass eine solche Gemeinde gesagt hätte: Ihr thut Unrecht, uns auf Euren consensus Tigurinus hin zu examiniren, die darin enthaltene Lehre theilen wir freilich nicht, die ist aber auch nicht schriftgemäss. Diess und dass unsere Lehre die schriftgemässe

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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/180&oldid=- (Version vom 1.10.2017)
  1. M. Göbel, Geschichte des ch. Lebens in der rheinisch-westphälischen ev. Kirche. I. B. p. 318 sq.
  2. P. Bartels (das Leben des Joh. a Lasco p. 45) gibt nur den ungenügenden Grund an, dass Ostfriesland damals von Brabant her und durch die Unruhen Albrechts des Culmbachers bedroht war.