Seite:Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl.pdf/314

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

ihrer Seite standen, von Johann Sturm in Strassburg, der von ihnen sagte, sie hätten sich gegen den Kurfürsten dadurch, dass sie ihm nicht die Wahrheit gesagt hätten, schwer versündigt[1]; von dem Landgrafen Wilhelm von Hessen, welcher sich für sie bei dem Kurfürsten verwendet hatte[2], und von Anderen[3].

.

 Dass der Kurfürst nach solchen Entdeckungen ernstlich einschritt, lag in seiner Regentenpflicht, wie er sie damals mit allen Fürsten auffaste. Darum können wir ihn nicht tadeln, das müssen wir ihm vielmehr zum Lob anrechnen. Dass er aber mit solcher Strenge, ja Grausamkeit, mit denen, welche er für die Rädelsführer hielt, verfuhr, und dass er ihnen den Missbrauch seines Vertrauens, den sie sich hatten zu Schulden kommen lassen, so lange nachtrug, wer wird diess nicht strengstens tadeln? Schwereren Tadel aber noch verdienen die Theologen, welche mit den Verhafteten verkehrten, um der Weise willen, wie sie ihnen zusetzten und wie sie dieselben behandelten. Das Verbrechen dieser Männer hatte darin bestanden, dass sie ihre calvinische Gesinnung dem Kurfürsten verheimlicht und calvinische Lehre in das Land hatten einführen wollen. Für dieses Verbrechen waren sie genugsam bestraft, jene Theologen aber machten ihnen daraus, dass sie diese Ueberzeugung hatten, ein Verbrechen und handelten mit ihnen wie mit verstockten Sündern. Davon weiss Peucer in seiner historia carcerum viel zu erzählen, und tiefes Mitleid ergreift uns, wenn wir lesen, welche Seelenqualen der geplagte Mann zu erdulden hatte, der der Haft so gern hätte los sein mögen und doch die Freiheit nicht mit Verläugnung seiner


  1. Sturm (Antipappus II.) meint: sie hätten dem Kurfürsten offen sagen sollen, dass die Lehre, welche jetzt als lutherische geltend gemacht werde, weder die Lehre Luthers, noch die Melanchthons sei. Er tadelt sie also, dass sie gegen den Kurfürsten unwahr gewesen seien. „Quoniam aliud dissimulabant, aliud agebant, in has calamitates dilapsi sunt, in quibus ipsos haerere videmus.
  2. cf. Heppe II, p. 445. Anm. 1.
  3. Steinberger an Crato (dd. 26. April 1572). De Albiacis nihil amplius audivi. Omnibus temporibus eum eventum dissimulationes et tergiversationes studio pacis usurpatae habebunt. Vereor, ut Septemvir a sententia Lutheri deduci queat. Dominus nostri misereatur. Bei Gillet, l. c. p. 426. Anm. 65.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 290. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/314&oldid=- (Version vom 1.10.2017)