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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

wären also die Fürsten nicht mit den Theologen, die wir die lutherischen nennen, gegangen, hätten die Fürsten vielmehr trotz des Widerspruchs dieser Theologen die Melanchthonische Auffassung als Bekenntniss der evangelischen Kirche anerkannt, und damit thatsächlich diese Theologen selbst nur als eine Fraction in der lutherischen Kirche bezeichnet, welche kein Recht habe, sich zu der herrschenden und tonangebenden zu machen. Verhielte es sich wirklich so, so würde uns das zwar in unserem Urtheil über das gute Recht der lutherischen Theologen in der Sache nicht irre machen, aber wir müssten zugestehen, dass ihnen dieses Recht von den Fürsten ist streitig gemacht worden, und dass die Melanchthonische Auffassung kirchenrechtlich sanctionirt worden ist.

 Wie es sich damit verhalte, ist also für uns eine sehr wichtige Frage, und mit ihrer Beantwortung soll der Schluss dieser Arbeit gemacht werden.

 Die Stellung der Fürsten kam bei den verschiedenen Versuchen zu Tage, welche sie machten, um die Zerwürfnisse, die unter den Theologen der lutherischen Kirche bekanntlich nicht allein um der Abendmahlslehre willen entstanden waren, beizulegen.

 Diese Versuche also haben wir noch ins Auge zu fassen. Wir halten uns nur an die hervortretendsten. Diese beginnen mit dem Jahr 1557. In diesem Jahr war auf dem Reichstag zu Worms beschlossen worden, dass auf einem demnächst in Worms zu haltenden Colloquium zwischen Katholiken und Protestanten noch einmal der Versuch gemacht werden solle, beide Religionsparteien, die katholische und evangelische, zu einigen. Da lag nichts näher, als dass der andere Versuch, die evangelischen Theologen untereinander zu einigen, voranging. Einen solchen unternahm der Herzog Christoph von Würtemberg[1].

 Noch während der Reichstag in Regensburg versammelt war, kam dieser Fürst auf den Gedanken, einen Convent der evangelischen Stände zu Stande zu bringen[2]. Bei dem Kurfürsten von


  1. Sattler, Geschichte des Herzogthums Würtemberg, IV 116 ff.
  2. Der Herzog schrieb an seine Gesandten nach Regensburg (am 1. März): „Er befände nunmehr bei diesem beschwerlichen Handel eben dasjenige [294]
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 293. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/317&oldid=- (Version vom 1.10.2017)