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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

 Hatten die Fürsten, hatten Melanchthon und Brenz darin Recht, und gelang eine Einigung auf Grund des Frankfurter Recesses, so war man an dem Ziel angelangt, gelang sie nicht, so kam der Zwiespalt erst recht zu Tag.

 Es geschah das Letztere. Zwar in den Ländern der Fürsten, von welchem der Recess ausgegangen war, wurde derselbe ohne Widerrede angenommen, allein sehr anders wurde es von den Fürsten und Ständen gehalten, welche zum Beitritt eingeladen worden waren. Die Fürsten von Anhalt glaubten, die Lehre vom Abendmahl sei in dem Recess nicht genugsam gegen eine Auslegung des Artikels zu Gunsten der Sacramentirer gewahrt. Auch die Grafen von Henneberg hielten das Bekenntniss vom Abendmahl nicht für ausreichend, ihr Bekenntniss lautete dahin, dass in, unter und mit dem Brod, beiden, den Gläubigen und Ungläubigen, der wahre, natürliche, wesentliche Leib nicht allein geistlicher Weise, sondern leibhaftig doch unsichtbarlich gereicht und mit dem Mund empfangen werde. Auch erklärten sie ausdrücklich, dass sie den Recess nicht anders denn nach Laut der A. C. und Schmalkaldischen Artikel unterschreiben würden.

 Der Rath der Stadt Regensburg meinte auch, man hätte von dem Abendmahl deutlicher und richtiger reden sollen, zumal Calvin zwar auch die Worte „gegenwärtig und wesentlich“ brauche, sie aber anders und nicht von der leiblichen Gegenwärtigkeit verstehe. Der Rath will mit ausdrücklicher Berufung auf die Schmalkalder Artikel das Bekenntniss aufgenommen wissen, dass nicht allein die Gläubigen, sondern auch die Ungläubigen den wahren Leib Christi zu geniessen bekommen.

 Die niedersächsischen Theologen klagten auch darüber, dass der Artikel vom Abendmahl gar zweifelhaftig gestellt sei, „also dass Calvin und alle Sacramentirer gleich so wohl ihn auf ihre Meinung ziehen könnten“[1].

 Stärker sprachen sich die Meklenburger Theologen in einem von Chyträus abgefassten Gutachten aus[2]. Sie hätten es für


  1. Ueber die Aufnahme des Recesses bei den genannten Fürsten und Ständen: Historie des Sacramentstreits. p. 575–579.
  2. Bei Salig III, 369.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/331&oldid=- (Version vom 1.10.2017)