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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

über das Amt und die Sacramente, so wie eine von Bucer verfasste Auslegung der Wittenberger Artikel zu schicken, um dess gewiss zu werden, ob Luther damit übereinstimme und die Einigkeit in der Lehre mit ihnen anerkenne.[1]

 Der Inhalt der ersteren Erklärung war der: nach der von Bucer ihnen gegebenen Deutung der Wittenberger Artikel dürften sie annehmen, dass dieselben dem Basler Bekenntniss (der Helvetica prior, Basileensis posterior von 1536) conform seien: denn hier wie dort halte man an der wahren Menschheit Christi und seiner leiblichen Auffahrt in den Himmel fest, und bekenne man, dass Christus im Abendmahl nur geistlich genossen werde. Weil sie aber hören, dass man sie doch noch im Verdacht habe, als lehrten sie nicht ganz recht vom Amt und Sacrament, so wollten sie bei diesem Anlass sich näher darüber erklären.

 Die Erklärung (über die Sacramente) geht nun dahin: die Sacramente seien Symbole, welche unter sichtbaren Zeichen himmlische Gaben darböten und vor Augen malten, sie seien also nicht blosse (nuda) Zeichen, sondern hätten auch bei sich die himmlische Gabe, welche durch das Zeichen angedeutet werde. Das Abendmahl verstünden sie dahin, dass Christus durch Brod und Wein sich selbst zur Speise des Lebens darreiche, der vornehmste Theil im Abendmahl sei also der Leib und das Blut Christi, für uns in den Tod gegeben. Im Abendmahl werde also Leib Christi genossen, aber nicht in so crasser und fleischlicher Weise, wie die Papisten lehrten. Demgemäss läugneten sie also mit ihren Vätern, dass der Leib Christi körperlich oder fleischlich genossen werde oder dass er mit seinem Leib körperlich und auf natürliche Weise gegenwärtig sei. Ebenso bekenneten sie mit allen Vätern, dass Christus diese Welt verlassen habe, zur Rechten Gottes sitze und von da nicht mehr in den irdischen Stand herabgezogen werden dürfe, dass also die Gegenwart Christi im Abendmahl nur eine himmlische und keine irdische oder fleischliche sei, sie läugneten also, dass das Brod in den Leib Christi verwandelt werde oder der Leib mit dem Brod auf


  1. Die Erklärung Bullingers, declaratio confessionis Helveticae a Tigurinis conscripta de ministerio et sacramentis, bei Hospinian historia sacramentaria II, 150.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/55&oldid=- (Version vom 1.10.2017)