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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

schon anerkannt, dass sie sich alle Mühe gegeben haben, dess gewiss zu werden, ob die Wittenberger Concordie von Luther in ihrem Sinn verstanden werde. Darum hatten sie ihre letzte Basler Confession Luthern zugeschickt, und hatten sie im Mai 1538 sich mit Umgehung Bucers unmittelbar an Luther gewendet, um von ihm zu hören, ob er die Concordie wirklich in ihrem Sinn auslege: denn gegen Bucer waren sie stets aufs neue misstrauisch geworden.[1]

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 Erwägt man das alles,so wird man nicht anstehen können,die Schuld an dem Missverständniss zwischen Luther und den Schweizern dem Bucer zuzuschreiben. Dieser hat weder den Schweizern noch Luthern den wahren Stand der Dinge bekannt. Man mag


    Umhüllung die Differenzen doch immer wieder hervorzubrechen suchten; ein wahrhaft vermittelndes Element war noch nicht aufgefunden; auf beiden Seiten haftete die Reflexion bei der überwiegenden Mehrzahl noch an den Extremen, – eine Sachlage, in welcher für einen eifrigen Vermittler mit unverschränkter Ehrlichkeit offenbar nur schwer durchzukommen war. Bekanntlich lag denn auch hier die Klippe, an welcher am Ende alle bereits von Bucer errungenen Erfolge wieder zu scheitern Gefahr liefen. Sein gewiss wohlgemeinter irenischer Eifer verstrickte ihn in ein Gewebe von Täuschungen nach beiden Seiten hin, welche der leichteste Zufall aufzudecken vermochte und zuletzt wirklich aufdeckte, und wodurch nicht nur die von ihm verfochtene Sache, sondern auch sein persönlicher Credit einen schweren Schaden erlitt.“

  1. Dafür nur einzelne Beispiele: Pellican schrieb, als er von Strassburg, wo so eben Bucer und Capito aus Wittenberg angekommen waren, an einen Freund in Wittenberg: „Wir danken Euch dafür, dass Ihr so redlich und aufrichtig und doch einmal die Wahrheit klar geschrieben und wie es um das Werk der Concordie bewandt angezeigt habt, welches Bucerus viel anders nun längst und zum öfteren uns und unserer Obrigkeit und den Städten in der Schweiz hat fürgelegt und uns überreden wollen, Lutherus halte es nun mit uns. Wir haben ihm aber hergegen das Widerspiel aus Lutheri Büchern weisen müssen, welches unsre Obrigkeit selbst angehört. Und weil Bucerus uns antwortet, es urtheilte sich jetzt anders und D. Luther wäre linder worden und mit uns und unserer Lehre wohl zufrieden, haben wir ihm bisher noch nicht können Glauben geben.“ (Historie d. Sacramentsstreits etc. 1591 p. 394.) Und Bullinger schreibt, nachdem ein am 19. Januar 1537 von Bucer an Luther geschriebener Brief, worin er sich ganz mit Luthers Lehre einverstanden erklärte und über die Schweizer Lehre geringschätzig sich äusserte, in Umlauf gekommen war: „Du hast aus Bucers Schreiben nun ersehen, was er für Streiche macht und wie er uns an der Nase herumführt. Leider erfuhr ich zu spät, was ich schon lange bang besorgte...“ (Bullinger von Pestalozzi p. 200.)
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/67&oldid=- (Version vom 1.10.2017)