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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

kirchlichen Lehrsystems, die sie Euch beikommend übersenden[1], hätten zu beruhigen gewusst. Es gibt nämlich daselbst störrische Köpfe, die schon bei einem Bagatell Lärm anfangen, die Prediger verfallen in papistischen Unsinn, besonders wenn sie merken, es sei um Kirchendisciplin zu thun; und diess ist auch der Grund, warum sie nie gewagt haben, an Dich Privatbriefe zu schreiben, und dass sie sich gezwungen sahen, so oft zu wiederholen, die Lehrmeinungen, die sie jetzt annehmen, streiten keineswegs mit den früheren, ungeachtet sie selbst wohl merken, dass sie die Lehre von dem Handel des Sacraments anfangs nicht verständlich und richtig behandelt haben. Diese Prediger dürfen dann auch in ihrer Stadt nichts unternehmen ohne den grossen Rath, der aus zweihundert besteht, auf dem Lande nichts ohne das Volk. Zu Basel hingegen, zu Mühlhausen und St. Gallen, wo mehr Aristokratie ist, da gings viel geschwinder. Wir haben ihre Unterschriften ohne eine so ängstliche Erklärung.“ Doch kam es in Bern bald dahin, dass die lutheranisirende Parthei ihre bisherige Zurückhaltung nicht länger glaubte beobachten zu müssen. Meyer lehrte jetzt öffentlich, „dass im Abendmahl Leib und Blut Christi wahrhaft genossen würden“, ohne sich des rectificirenden Zusatzes „durch den Glauben“ zu bedienen“ [2], und Kunz stimmte ihm bei. Es gelang ihnen dann auch, den Mann zu entfernen, der in Bern dem Zwinglianismus am meisten das Wort redete, den Megander. Dieser hatte einen Catechismus verfasst, mit dem Bucer in Betreff der Lehre vom Abendmahl nicht ganz zufrieden war, und Bucer hatte selbst die Catechismusverbesserung übernommen. Er wurde nach Bucers Umarbeitung gedruckt und seine Einführung im December 1537 befohlen. Diess Verfahren war für Megander kränkend, aber Kunz und Meyer billigten es, und Megander wurde, weil er den Catechismus nicht annehmen wollte, seines Amtes entsetzt. Jetzt wurde die lutheranisirende Parthei in Bern die überwiegende und erhielt noch eine Verstärkung an Simon Sulzer, der bald der Führer der Parthei wurde. Diese drei Männer, Kunz, Meyer und Sulzer, waren nicht etwa nur in dem


  1. Es ist die von Bucer verfasste Auslegung der Wittenbergischen Artikel gemeint.
  2. Hundeshagen, l. c. 72.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/69&oldid=- (Version vom 1.10.2017)