Seite:Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl.pdf/89

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

den Schwabacher Artikeln und in dem von der Augsburgischen Confession und Apologie. In dem ersteren constatirt er, wie wir gesehen haben, einen Widerspruch, im anderen behauptet er, die Artikel, welche von der Taufe und dem Abendmahl handeln, müssten nach dem Artikel, der von den Sacramenten überhaupt handelt, ausgelegt werden, und da nun nach ihm die Sacramentslehre überhaupt die Melanchthonische ist, so folgt ihm daraus, dass auch die Abendmahlslehre der Augustana die Melanchthonische ist.

 Was ist von dem Princip, das Heppe da aufstellt, zuhalten? Es klingt ganz gut, wenn er fragt: „durch welche Logik ist es wohl verboten, von dem Allgemeinen auf das Specielle, vom Genus auf die Species zu schliessen und von dem Begriff auf die Verwirklichung des Begriffs so überzugehen, dass man in der Betrachtung der letzteren vor allem den Begriff festhält? Kein vernünftiger Mensch hat ein solches Verfahren jemals als unberechtigt, sondern jeder hat vielmehr dasselbe unter allen Umständen als allein berechtigt und vernünftig angesehen.“[1] So scheinbar dieses Recht der Logik ist, so bestreiten wir es doch in dem vorliegenden Fall, und haben dazu guten Grund. Wir fragen nemlich: wie gelangt man zu dem allgemeinen Begriff von Sacrament? Bekanntlich nicht auf Grund einer bestimmten Aussage der heil. Schrift darüber, sondern so, dass man den allgemeinen Begriff von den Aussagen der heil. Schrift über Taufe und Abendmahl abstrahirt. Darnach ist also die Lehre vom einzelnen Sacrament das frühere, die Lehre vom Sacrament überhaupt das spätere. Stimmt dann die Lehre vom einzelnen Sacrament nicht mit der Lehre vom Sacrament überhaupt, so ist erstere Lehre nach der anderen zu corrigiren und nicht umgekehrt. Das Verfahren also, das Heppe einschlägt, ist ein falsches, trotz seiner Berufung auf die Logik, der zufolge man von dem Allgemeinen auf das Speciellere schliessen darf.

 Freilich aber, das geben wir bereitwillig zu, drängt sich die Frage auf und will beantwortet sein, woher es denn kommt,


  1. Heppe, die Entstehung und Fortbildung des Lutherthums und die kirchlichen Bekenntnissschriften desselben von 1548–1576. p. 260.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/89&oldid=- (Version vom 1.10.2017)