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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

Ausdruck gegeben, was nicht geschehen ist. Welches nun auch der Grund der Aenderung war, das steht fest, dass der Ausdruck „unter der Gestalt“ auf eine Beziehung von Brod und Leib, Wein und Blut hindeutet, und damit ist wenigstens die Zwinglische und auch die Melanchthonische Lehre, wie Heppe sie fasst, ausgeschlossen, denn mag auch Zwingli von einer Gegenwart Christi sprechen, in dem Sinn, dass er gegenwärtig sei ex contemplatione fidei, und mag auch Melanchthon unter dem Leib den lebendigen persönlichen Christus verstehen, von einer Gegenwart desselben unter der Gestalt des Brods und Weins kann weder bei dem einen noch dem anderen die Rede sein, noch weniger aber von einem Ausgetheilt- und Genommenwerden.

 Einer anderen Fassung begegnen wir dann auch im lateinischen Text. Da lautet das Bekenntniss einfacher dahin: „quod c. et s. Ch. vere adsint et distribuantur vescentibus in c. D.“ Warum Melanchthon diese Aenderung vorgenommen hat, weiss ich nicht. Welchen Grund zur Aenderung er aber gehabt haben mag, jedenfalls war es ein unverfänglicher, der nicht die Absicht hatte, der Abendmahlslehre einen anderen Sinn zu geben: denn Melanchthon konnte doch im lateinischen Exemplar der Lehre, die er im deutschen Exemplar niedergelegt hatte, nicht widersprechen wollen. Zudem beweist die von Calinich aus einem Brief Melanchthons an Bucer vom Jahr 1530 beigebrachte Stelle, wo Melanchthon schreibt: nos docemus, quod corpus Christi vere et realiter adsit cum pane vel in pane“,[1] dass er auf den Unterschied von „in coena“ und „cum pane“ keinen Werth legt.

 Wenden wir uns von da zum Art. XIII der Augustana. Er unterscheidet sich von Art. VIII der Schwabacher Artikel durch einige Zusätze, welche die lutherische Lehre nur genauer präcisiren. Er tritt der Zwinglischen Lehre entgegen, als wenn die Sacramente nur „Zeichen seien, dabei man äusserlich die Christen kennen möge“; er wehrt einer magischen Vorstellung von der Wirkung der Sacramente, als ob sie von Wirkung auch da wären, wo man sie ohne Glauben empfängt, und wendet das, wenn der Zusatz, der allein im lateinischen Exemplar steht, wirklich in dem dem Kaiser


  1. Calinich p. 98.[WS 1]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Fußnote hat in der Vorlage keine Textverankerung. Sie verweist auf MDZ München
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/94&oldid=- (Version vom 1.10.2017)