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des „Vampyr“ gefunden hatte, an Bord des „Wolf“ zurück, die Ankerwache wurde gesetzt, und dann törnten alle Mann ein, rechtschaffen ermüdet, aber auch hoch befriedigt mit dem Erfolg dieses Abends.

Bei Tagesanbruch gingen die Fahrzeuge wieder Anker auf und segelten nach dem Banana Creek zurück. Unterwegs fischten wir das Kabel wieder auf, das wir hier geschlippt hatten. Wieder vor Anker, machten der Bootsmann und der Zimmermann mit ihren Maaten sich an die Ausbesserungsarbeiten an Bord der Brigg. Es stellte sich heraus, daß das Fahrzeug auf einer englischen Werft erbaut worden war; auf welche Weise es in die Hände der Halunken geraten war, darüber fand sich kein Nachweis. Anfänglich hatte es den Namen „Virginia“ geführt. Es war mit allen Einrichtungen für den Transport von Sklaven versehen; was sich aber in dem von dem Hauptraum dicht abgeschlagenen Achterraum vorfand, gab Zeugnis dafür, daß es bei Gelegenheit auch Seeraub getrieben hatte.

Der Leichnam des armen Austin wurde an der Stelle, wo die Brigg tags zuvor zu Anker gelegen hatte, nach kurzem Suchen gefunden. Er wies keinerlei Verletzungen auf. Der unglückliche Offizier war jedenfalls hinterrücks überfallen und niedergeworfen worden. Man hatte ihm einen Knebel in den Mund gezwängt, die Hände mit Handschellen auf den Rücken gefesselt und einen Segeltuchbeutel mit zwei achtzehnpfündigen Kanonenkugeln an die Füße gebunden. Er wurde bis zur Herstellung des Sarges in seine Kajüte gelegt und zugleich die Flagge Halbmast geheißt.

An Bord der „Virginia“, die gleichfalls ihr Kabel wieder aufgefischt hatte, schritten unter Leutnant Langfelds Oberaufsicht die Arbeiten der Zimmerer und Takler schnell vorwärts.

Um die Mittagszeit desselben Tages kam eine fremde Brigg in den Fluß hereingesegelt, sie führte die französische Flagge und ging eine Kabellänge achter uns zu Anker. Uns fiel sogleich ihre Ähnlichkeit mit der „Virginia“ auf, wenngleich dieselbe auch nicht so groß war wie die Ähnlichkeit unsrer Prise mit der „Black Queen,“ und

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Friedrich Meister: Der Vampyr. Verlag Abel und Müller, Leipzig 1911, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Vampyr.pdf/149&oldid=- (Version vom 31.7.2018)