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ihm mit der schweren, knotigen, im Feuer gehärteten Keule einen solchen Schlag auf den Kopf, daß sein Schädel wie ein Ei zerbrach und er wie vom Blitz getroffen tot zu meinen Füßen niederstürzte.

In der Hütte sah ich Langfeld auf den Knieen neben der regungslos am Boden liegenden Lubemba.

„Zu spät, Wetter,“ sagte er mit bebender Stimme; „Sie kamen zu spät, Sie konnten sie nicht mehr retten. Nur wenige Sekunden früher – – –

„Sie ist tot – Sehen Sie, diese fußlange, breite eiserne Speerspitze ist ihr mitten durch’s Herz gegangen, durch das arme, liebe, treue Herz! Wahrlich, Wetter, sie ist treu gewesen bis in den Tod, denn für mich ist sie gestorben, mein Blut war es, nach dem der Mörder lechzte. Sie haben ihn ohne Zweifel auch erkannt, es war der Fetischmann aus dem Dorfe. Er wollte uns seiner Rache nicht entrinnen lassen und ist unsern Spuren gefolgt. Die Arme hier hat seine Absicht erkannt, sie wollte mich verteidigen und hat dabei ihr eigenes Leben hergeben müssen – – Gottes Wille geschehe. Uns bleibt nur noch die Pflicht, dafür zu sorgen, daß ihre irdischen Reste nicht den wilden Tieren zur Beute werden. Aber wie sollen wir das ausführen?“

Diese Frage war bald entschieden. Spaten oder ähnliche Werkzeuge vermochten wir nicht herzustellen, aber wir hatten die Speere des Mörders, mit deren breiten und starken Klingen sich wohl eine Grube herstellen ließ. Ich machte mich in einiger Entfernung von der Hütte sogleich an die Arbeit; das Erdreich war hier besonders weich und ich grub mit solchem Eifer, daß ich lange vor Tagesanbruch zwei Gräber ausgeworfen hatte, ein tiefes für Lubemba und ein flaches für den Fetischmann. Den Kadaver des letzteren hätten wir am liebsten den Aasgeiern überlassen, aber wir fürchteten den Verwesungsgeruch, und da ich nicht Lust hatte, ihn weit fortzuschleppen, zog ich es vor, ihn einzuscharren.

Als die Sonne aufging, senkten wir Lubemba in ihre Gruft.

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Friedrich Meister: Der Vampyr. Verlag Abel und Müller, Leipzig 1911, Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Vampyr.pdf/92&oldid=- (Version vom 31.7.2018)