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werden muß, die einen Toten für die Beschwörer zum Mörder und Räuber machen. – Die Gerichtsverhandlung ist weiter unten ausführlicher wiedergegeben worden. Hier sei nur noch bemerkt, daß die Angeklagten aus Mangel an Beweisen freigesprochen werden mußten, zumal eine Zeugin, deren Gut ebenfalls unweit des Dorfes gelegen war, und die gleichfalls eines Nachts überfallen wurde, mit aller Bestimmtheit versicherte, der Räuber sei kein Zigeuner gewesen, – sie hatte ihm, als er sie zu erwürgen suchte, die mit Leichengeruch behafteten Leinentücher vom Gesicht gerissen. Es handelte sich um ein Fräulein Vilja Födösy, eine ältere energische Dame, die den Geschworenen auch die Überzeugung beibrachte, daß die fünf Raubmorde von derselben Person begangen sein müßten, nämlich von dem Manne, den sie selbst schließlich durch ihre Hilferufe verscheucht hatte.“

Harald klappte das Buch zu.

„Nun, mein Alter?! – Ich sehe, du bist ein wenig außer Fassung geraten, was verständlich erscheint. Wir stoßen hier auf den Namen der Tante der Frau Lüning, einer geborenen Födösy, diese Tante verstarb am 5. Mai in Zinnowitz, Frau Lüning war mit ihr entzweit, – – seltsame Zusammenhänge zeigen sich uns, zumal der Diener Josef Strahl, vergleiche die Berichte der Argus-Agenten, in Klausenburg geboren ist und früher Ungar war …“

Meine Zigarre schmeckte mir nicht mehr, ich legte sie bei Seite. Ich war in der Tat vollkommen getroffen von diesen ungeahnten, die Sachlage so gänzlich in ein neues Licht rückenden Einzelheiten. Ich war es umso mehr, als der Diener Josef Strahl, ein Mann von etwa fünfzig mit freundlichem Gesicht und klugen Augen und durchaus harmonischen Bewegungen, alles andere als abstoßend wirkte.

Harald griff nach einer neuen Zigarette.

„Bitte erinnere dich jetzt an Frau Lünings letzte Worte beim Abschied hier“, meinte er mit aller Lebhaftigkeit. „Sie fragte, dort in der Tür stehend: „Wissen Sie etwas über den

Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Der weiße Maulwurf. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1932, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_wei%C3%9Fe_Maulwurf.pdf/22&oldid=- (Version vom 31.7.2018)