Friedrich Blass (Übersetzer): Die Sibyllinen | |
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mit dem Knaben. 765 Deinen eignen Nachwuchs von Kindern ziehe auf und morde sie nicht; 766 denn wer so sündigt, dem wird der Unsterbliche zürnen.
767 Und dann wird er ein Königreich errichten für alle Zeiten 768 über alle Menschen, ’er, der‘[1] das heilige Gesetz ’einst‘[2] 769 den Frommen gab, denen er verhieß, ’die ganze‘[3] Erde zu erschließen 770 und die Welt und die Thore der Seligen und alle Freuden 771 und unsterblichen ewigen Geist und frohes Herz. 772 Von der ganzen Erde werden sie Weihrauch und Gaben zu dem Hause 773 des großen Gottes bringen, und es wird kein anderes 774 Haus bei den Menschen sein auch der Nachwelt zur Kunde, 775 als das, welches Gott ’den gläubigen Männern‘[4] zu verehren gegeben hat. 776 Denn den ’Tempel‘[5] des großen Gottes werden es die Sterblichen nennen. 777 Und alle Pfade des Gefildes und die rauhen Hügel 778 und die hohen Berge und die wilden Wellen des Meeres 779 werden ’gangbar‘[6] und schiffbar sein in jenen Tagen. 780 Denn aller Friede der Guten wird auf Erden kommen. 781 Das Schwert aber werden wegnehmen die Propheten des großen Gottes; 782 denn sie selbst sind Richter der Sterblichen und gerechte Könige. 783 Es wird auch gerechter Reichtum unter den Menschen sein; 784 denn das ’ist‘ das Gericht ’und‘[7] die Herrschaft des großen Gottes.
785 Freue dich, Jungfrau, und gebärde dich froh; denn dir hat gegeben 786 Freude in Ewigkeit der Schöpfer Himmels und der Erde. 787 In deiner Mitte wird er wohnen; du wirst unsterbliches Licht haben. 788 Und Wölfe und Lämmer werden auf den Bergen zusammen 789 Gras essen, und Panther werden mit Böcklein weiden. 790 Bären werden mit ’umherschweifenden‘[8] Kälbern lagern, 791 und der fleischfressende Löwe wird Stroh an der Krippe fressen 792 wie ein Ochse, und ganz kleine Knaben werden ihn in Banden 793 führen; denn [Gott] wird das wilde Tier auf Erden gelähmt machen. 794 Mit Säuglingen werden Drachen ’und Nattern‘[9] schlafen 795 und ihnen kein Leides thun; denn die Hand Gottes wird über ihnen sein.
796 Ich werde dir aber ein deutliches Zeichen sagen, daß du erkennen kannst, 797 wann das Ende aller Dinge auf Erden kommt: 798 wenn Schwerter am gestirnten Himmel 799 nächtlicherweile erscheinen gegen Abend und auch gegen Morgen; 800 alsbald wird auch Staubwirbel vom Himmel herfahren 801 gegen die ganze Erde, und der Glanz der Sonne 802 wird vom Himmel mitten [am Tage] verschwinden und des Mondes 802 Strahlen sichtbar werden und zurück auf die Erde kommen. 803 Mit blutigen Tropfen aus den Felsen wird ein Zeichen geschehen; 804 in der Wolke werdet ihr sehen einen Kampf von Fußvolk und Reisigen, 805 gleichsam eine Jagd auf wilde Tiere, Nebeln ähnlich. 806 Damit wird das Ende ’aller Dinge‘[10] erfüllen Gott, der den Himmel bewohnt. 807 Darum mögen alle dem großen Könige opfern.
808 Solchergestalt künde ich dir, die ich die hohen Mauern des assyrischen Babylon 809 vom Stachel der Raserei getrieben verließ, das gegen Hellas geschickte Feuer 810 allen weissagend, ’den Zorn‘[11] Gottes an * * *[12] 811 so daß ich den Sterblichen göttliche Rätsel weissage. 812 Und es werden mich die Sterblichen in Hellas von einer anderen Vaterstadt nennen, 813 daß ich von Erythrä stamme, eine Schamlose; andere werden von mir reden als der Sibylla, 814 die von der Mutter Kirke und ’einem unbekannten‘[13] Vater sei, 815 eine rasende
- ↑ Alex.: „als er“. Der ganze Vers ist nach Bleek unecht (auch „gab“ gehört dazu).
- ↑ Siehe letzte Anmerkung.
- ↑ Gfrörer; Hdschr. „allen“ zu „denen“.
- ↑ Lactantius; Hdschr. „einen gl. Mann“
- ↑ Alex.; Hdschr. „Sohn“ ; vgl. Einltg. S. 183.
- ↑ Opsopoeus; „gut zur Weide“ Hdschr.
- ↑ Alex. u. Lactantius’ Fassung des V. 743; Hdschr. „denn dies Gericht d. gr. G. wird die Herrsch. sein“.
- ↑ Meineke; Hdschr. zu „Bären“ gehörig. In Lactantius’ Citat lautet der Vers: „Bären mit Kälbern zusammen und allem Vieh“.
- ↑ Scaliger; „mit ihnen“ Hdschr. Die ganze Stelle nach Jes. 11,6ff.
- ↑ Nauck (Rzach) nach 797; „des Krieges“ Hdschr.
- ↑ Castalio nach VIII,2; Hdschr. „die Ankündigungen“ oder die „Nachahmungen“.
- ↑ Die offenbare Lücke ist in einigen Hdschr. angezeigt (als 2 Verse betragend). Vgl. Einltg. S. 181.
- ↑ Hdschr. „bekannten“, gewöhnlich als Eigenname (Gnostos) groß geschrieben.
Friedrich Blass (Übersetzer): Die Sibyllinen. Tübingen: Mohr Siebeck, 1900, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DieSibyllinenGermanBlassKautzsch2.djvu/24&oldid=- (Version vom 31.7.2018)