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verschiedene: Die Gartenlaube (1865)

Zu Anfang des Jahres 1833 wurde sein Drama „Lucrezia Borgia“ mit außerordentlichem Erfolge zum ersten Male aufgeführt. Bei dieser Gelegenheit berichtete man eine höchst eigenthümliche Scene, die zwischen dem Dichter und Herrn Harel, damaligem Director des Theaters de la Porte-Saint-Martin, stattfand. Als derselbe Victor Hugo aufforderte, seine Bedingungen zu stellen, verlangte dieser zuerst, daß er ebenso bezahlt werde, als ob das Stück im Théâtre français gegeben würde.

„Zugestanden,“ erwiderte Harel.

„Dann wünschte ich, daß das dreiactige Drama mir wie ein Stück von fünf Acten berechnet werde.“

„Auch zugestanden.“

„Dann möchte ich das Parterre für die drei ersten Vorstellungen zu meiner Verfügung haben.“

„Auch darauf will ich eingehen.“

„Ich verlange eine Prämie von eintausend Francs für die erste Vorstellung.“

Da Harel eben nicht bei Casse war, machte er bei diesem Artikel einige Schwierigkeiten, indessen gab er doch schließlich nach.

„Außerdem möchte ich …“

„Was, immer noch mehr?“

„Ja, ich wünschte noch, daß Sie mir fünfzig Vorstellungen mit jedesmal tausend Francs Tantième garantirten.“

„Mein lieber Herr Hugo, das ist nicht möglich. Sie haben meinen Rock verlangt und ich habe Ihnen denselben gegeben. Jetzt verlangen Sie aber auch noch mein Hemd und das geht nicht an – der Herr Polizeipräfect würde mir nicht erlauben, daß ich es ausziehe.“ –

Auch Balzac wollte sich gar nichts von seinen Schriftstellerrechten vergeben; bei der ersten Aufführung der „Ressources de Quinola“ im Odeontheater saß er selbst an der Casse und nahm das Geld ein.

Alfred de Vigny war streng uneigennützig, er setzte den Ruhm weit über das Geld und verlangte von seinen Verlegern nur, daß sie bedeutende Ausgaben für Anzeigen und dergleichen machten.

Jules Janin hat bedeutende Erfolge, aber wenig Geld für seine Werke geerntet. Noch kürzlich sagte er lachend zu einem Freunde: „Der ‚todte Esel‘ hat zwölf Auflagen erlebt und mir kaum 1200 Francs eingebracht, und doch ist es mein Lieblingswerk.“

Béranger, dessen Werke dem Verleger Perrotin 25,000 Francs jährliche Renten bringen, hatte sich ursprünglich contractlich nur eine Leibrente von 800 Francs jährlich ausbedungen, die sein Verleger nach und nach auf 3000 Francs erhöhte, was Béranger nur ungern annahm.

George Sand sagt selbst, daß ihr ihre siebenundfünfzig Bände jeder im Durchschnitt 50,000 Francs eingebracht haben; außerdem hat sie für ihre dramatischen Werke über 400,000 Francs erhalten.

Alphonse Karr machte mit seinem ersten Roman „Sous les tilleuls“ (Unter den Linden) ein merkwürdiges Geschäft; das Manuscript desselben wurde ihm in Wechseln mit 1200 Francs bezahlt. Welcher Triumph! Aber leider wurden diese Wechsel nicht blos nicht eingelöst, sondern er mußte auch noch die damit verbundenen Unkosten tragen, die sich wiederum gerade auf 1200 Francs beliefen.

Jules Sandeau erzählt, daß er eines Tages für einen seiner Romane dreihundert Francs in silbernen Fünffrankenstücken, eine Wanduhr und für hundert Francs Oblaten zum Siegeln bekam und doch noch ganz glücklich war, so gut bezahlt worden zu sein.

Der ältere Alexander Dumas gehört jedenfalls zu denen, die das Geld zu gleicher Zeit am meisten lieben und mißachten. Vor zehn Jahren sagte er, er habe schon drei und eine halbe Million verdient und besäße doch keine drei Louisd’or. Seitdem hat er vielleicht wieder eine Million eingenommen, und doch hat sich seine Casse schwerlich zu ihrem Vortheil verändert.

In Frankreich existirt ein eigenthümliches Buch, dessen Verfasser nicht genannt ist. Es heißt „die bürgerliche Köchin“, ist ein ganz einfaches Kochbuch und wurde zum ersten Male im Jahre 1800 gedruckt. Seit dieser Zeit bringt es regelmäßig jedes Jahr 30,000 Francs ein, was jetzt bereits 1,050,000 Francs oder nach unserer Münze 280,000 Thaler beträgt. –

In Deutschland werden indeß jetzt auch hier und da Honorare gezahlt, die sich sehen lassen können. Wahrscheinlich ist es selbst in Frankreich noch nicht vorgekommen, daß ein Autor für einen einzigen Octavband in kurzer Zeit ein Honorar von nahe an 100,000 Francs erhalten hat, wie dies dem Verfasser eines bekannten populären Werkes zu Theil geworden ist.




Mutterliebe. Im Juni dieses Jahres begab sich von dem Städtchen K. eine Deputation des dasigen Gerichtsamtes mit den Gerichtsärzten nach dem nahen Dorfe H., um den Thatbestand eines Selbstmordes zu untersuchen. Es hatte nämlich dort die sechszigjährige Frau S. durch Erhängen den Tod gefunden. Die Frau S. lebte auf dem Gute ihres Stiefsohnes mit diesem und seiner Familie im besten Einvernehmen, sie war im Dorfe allgemein geachtet und hatte sich anscheinend wohlbefunden. Einige Tage vorher war sie erst noch durch einen Brief ihres einzigen leiblichen Sohnes erfreut worden, der in Frankfurt als Gärtner lebte. Er hatte ihr geschrieben, daß er Gelegenheit habe, sich gut zu verheirathen und sich als Gärtner zu etabliren. Und doch hatte die Frau S., ohne jemals über Lebensüberdruß geklagt zu haben, ohne sich mit ihrem Stiefsohne und dessen Familie vorher entzweit zu haben, in deren Abwesenheit sich das Leben genommen. Es war kein Motiv dieser That zu finden, man mußte eine plötzlich eingetretene Geistesstörung annehmen.

Bei sehr vielen Selbstmordfällen ist man eben genöthigt, an eine Geistesstörung zu denken, wenn der Tod unter günstigen Verhältnissen gesucht wird, wenn der Vater aus dem Kreise einer geliebten Familie auf diese Weise scheidet; oft mögen aber hier doch andere Ursachen vorhanden sein, die den Mitmenschen für immer verborgen bleiben. In dem erzählten Falle sollte sich bald ein anderer Grund finden. Zufällig bekam man bald darauf im Wirthshaus näheren Aufschluß über den Inhalt des Briefes aus Frankfurt, welchen die Verstorbene von ihrem Sohne einige Tage vorher erhalten hatte. Es bestätigte sich, daß ihr Sohn jetzt eine sehr gute Gelegenheit habe, sich zu verheirathen und eine eigene Gärtnerei zu gründen, daß er aber hierzu sein Vermögen von fünfhundert Thalern sogleich haben müsse, wolle er diese günstige Gelegenheit nicht versäumen. Weiter erfuhr man, daß jene fünfhundert Thaler auf dem Gute seines Stiefbruders in H., wo seine Mutter lebte, ständen und daß sich der Stiefbruder geweigert, das Geld jetzt auszuzahlen, da er dies nach dem Testamente seines Vaters erst nach dem Tode der Mutter zu thun brauche.

Muß man nun nicht statt eines Verbrechens Großmuth in diesem Selbstmord finden, wodurch die Mutter vielleicht eine Anzahl Jahre opfert, um ihrem Sohne nicht die günstige Gelegenheit zu seinem Unterkommen entgehen zu lassen? B. H.     


Theecultur in den Vereinigten Staaten. Ein sehr strebsamer Pflanzer in Georgia Namens Beecher hat seit dem Jahre 1860 versuchsweise Thee angepflanzt und hat die Genugthuung zu bemerken, daß seine Mühe mit Erfolg gekrönt wird. Seine Pflanzen gedeihen vortrefflich, die Qualität des Ertrags ist eine sehr gute und steht in Nichts der des chinesischen Thees nach. Wie in ihrer Heimath verlangen die Pflanzen nach dem dritten Jahre, wenn sie bis dahin mit der nöthigen Sorgfalt behandelt worden sind, keine weitere Pflege mehr und beginnen einen Ertrag von drei- bis vierhundert Pfund pro Acker (160 Quadrat-Ruthen) zu geben. Zwanzig Jahre lang dauert die Ertragsfähigkeit der Theepflanze aus und weder nasses noch trocknes Wetter, weder Stürme noch Insecten afficiren sie im Mindesten. Beecher hat bereits mehrere seiner Nachbarn zu gleichem Streben veranlaßt, und es wäre leicht möglich, daß wir in nicht ferner Zeit amerikanischen Thee auf unserm Markte sehen. W.     


In der freien Natur. „Wer von den Anstrengungen und Mühsalen seiner Geschäfte sich erholen, wer von dem Lärm und Streit der Parteien sein Herz erleichtern, wer überhaupt einmal frei und leicht aufathmen, sich idyllisch wohl und glücklich fühlen will, der lese und versenke sich in die Naturschilderungen von Carl Ruß.“ Mit diesen Worten des alten, als eisenfester Kämpfer für deutsche Interessen, für Wahrheit und Recht bekannten Generalconsuls Sturz empfehlen auch wir das neueste Werk unseres Mitarbeiters: „In der freien Natur“ (Berlin bei Max Böttcher) mit seinen lebenswahren und poetischen Schilderungen aus der Thier- und Pflanzenwelt, unsern Lesern auf das Wärmste.


Deutsche Nordfahrt. Nachträglich erfahren wir durch eine Mittheilung aus der Geographischen Gesellschaft zu Berlin, daß Preußen vielleicht eines seiner Kriegsschiffe zu der beabsichtigten deutschen Nordfahrt leihen wird, dagegen für die Kosten der Bemannung und der auf eine Dauer von acht Monaten berechneten Expedition selbst, die auf etwa 220,000 Thaler veranschlagt werden, nicht aufzukommen gesonnen ist. Es würde also diese Summe immerhin vom deutschen Volke aufzubringen sein.



Nicht zu übersehen!

Für diejenigen Abonnenten, welche sich die Gartenlaube einbinden lassen, sind durch uns auch zum Jahrgang 1865 höchst

geschmackvolle Decken

nach eigens dazu angefertigter Zeichnung zu beziehen. Alle Buchhandlungen sind in den Stand gesetzt, dieselben zu dem billigen Preise von 13 Ngr. zu liefern. – Zu den Jahrgängen 1854 bis 1864 stehen ebenfalls Decken zu dem gleichen Preise zur Verfügung.

Die Verlagshandlung. 




Zur Nachricht!

Mit Nummer 52 schließt das vierte Quartal unserer Zeitschrift. Wir ersuchen die geehrten Abonnenten, ihre Bestellungen auf das erste Quartal des neuen Jahrgangs schleunigst aufgeben zu wollen.

Leipzig, im December 1865. Die Verlagshandlung. 



Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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