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Verschiedene: Die Gartenlaube (1869)

in der Luft bieten, sondern sie kommen erst auf der Netzhaut des Zuschauers, vermöge der Linsenwirkung des Auges, zu Stande.

Der geisterscheue Mime in unserer vierten Figur kann von der Erscheinung nichts wahrnehmen, weil er ja hinter dem Spiegel steht, während die bildgebenden Strahlen alle von der Vorderseite der gläsernen Bühnenwand nach den Augen der Zuschauer im Theaterraum zurückgeworfen werden. Damit also die Täuschung des Publicums gelinge, müssen bei der Probe den Schauspielern sowohl auf als unter der Bühne ihre Stellen für den Abend genau bezeichnet werden. Diese Oerter müssen sie streng einhalten, weil sonst Lächerlichkeiten und Unsinn entsprängen. Denn der Schauspieler auf der Bühne würde vielleicht einem Gespenst die Hand reichen und dieses stünde auf einer ganz anderen Seite etc.

Wer je Gelegenheit hatte, die soeben besprochenen, zu Anfang unseres Jahrzehntes von Pepper in London zuerst auf die Bühne gebrachten Spiegelbilder in guter Darstellung zu sehen, wird ohne Rückhalt zugeben, daß sie ganz geeignet dazu sind, jene Gespenstererscheinungen auf natürlichem und einfachem Wege hervorzurufen, die einst bei ganzen Generationen als Wunder Platz und Glauben fanden. Der Mann am Beleuchtungsapparat in unserer vierten Figur bringt einen Deckel vor seinen Kasten und alle Erscheinungen verschwinden, weil sie nicht mehr erhellt sind; jener Mann öffnet seine Laterne und die Erscheinungen sind wieder da – wo giebt es Ereignisse, welche mehr Ueberraschung, mehr Bewundernswerthes brächten als diese höchst einfachen Spiegelerscheinungen?

Es ist wahr, daß Robertson gegen Ende des vorigen Jahrhunderts (1798) mittelst vortrefflicher Zauberlaternen ähnliche Erscheinungen in dem alten, nahe dem Vendomeplatz gelegenen Capucinerkloster hervorrief; aber das Princip war bei Robertson viel complicirter als bei den Bühnenspiegeln der Neuzeit, und ein gemischtes Spielen wirklicher Personen mit den optischen Bildern, wodurch gerade die Täuschungen so sehr gesteigert werden, war nicht möglich. Gleichwohl ist, nach den mir vorliegenden Zeitungsberichten aus jenen Tagen, sicher, daß die Täuschung des Publicums vollkommen und so sehr gelungen war, daß es, obschon gehörig belehrt, dennoch vor Furcht zitterte, wenn die Geister sich in das Parterre zu stürzen drohten.

Fig. 5. Robertson’s Gespenster mittelst der Zauberlaterne.

In unserem fünften Bilde sehen wir links hinter der Säule die Zauberlaterne, welche ihre Bilder, in dem gegebenen Fall den mähenden Tod, nach einer weißen, durchscheinenden, über die Bühne gespannten Leinwand wirft, auf deren Vorderseite dann das in tiefster Finsterniß weilende Publicum das schreckliche Gerippe entsetzt wahrnahm. Da auch der Zuschauerraum mit Thiergeripp’ und Todtenbein, mit Eulen, Käuzchen, nackten Schädeln und ähnlichen freundlichen Dingen behängt war, da ferner Geräusch, Lärm, Gekrächze das Publicum betäubten und da endlich auch durch Abrücken der Zauberlaterne die Bilder an Größe wuchsen und sich daher dem Parterre zu nähern schienen: so war der Schrecken ein allgemeiner und natürlicher. Die Pariser suchten jene Schauer um theueres Geld auf, der Raum konnte die Zuschauer. kaum fassen. Und dennoch, wie sehr stehen jene Vorstellungen mittelst der Zauberlaterne hinter denen an der heutigen einfachen gläsernen Bühnenwand zurück! Allein auch die höchsten Leistungen der durchsichtigen Bühnenspiegel verschwinden wieder gegen die wissenschaftlichen Großthaten eines kleinen Spiegelstückchens, welches man an schwingenden Magnetstäben befestigt – die Pulsirungen der erdmagnetischen Kraft werden dann sichtbar! Mittelst elektro-magnetisch schwingender Spiegelchen sprechen die durch’s Meer getrennten Continente miteinander und erhöhen ihren Verkehr n schwingende Spiegelchen machen ein musikalisches Stimmen mittelst des Auges in einem so genauen Grade möglich, wie dies durch das feinste Gehör nie zu erzielen ist.

Diese höchst interessanten Errungenschaften der neueren Zeit wollen wir ein anderes Mal in diesen Blättern eingehender besprechen.




Blätter und Blüthen.

Die Schillerstiftung. Wieder ist eine Generalversammlung der deutschen Schillerstiftung vorübergegangen, und wir erfahren aus dem gedruckten Protokoll derselben, daß

1) Karl von Holtei eine lebenslängliche Pension von fünfhundert Thalern,

2) Karl Beck eine von dreihundert Thalern,

3) Alexander Jung eine von dreihundert Thalern, und

4) Herder’s Enkelin eine solche von hundert Thalern erhalten habe.

Eine Anfrage Robert Heller’s, des Vertreters von Hamburg, ob die Bewilligung dieser Pensionen nicht vielleicht dringlichere Unterstützungen bei Seite schieben würde – wurde verneint.

Hofrath Pabst (für Leipzig) schlug darauf zwei Personen zur Unterstützung vor, von welchen jedoch, wie er bemerkte, die eine von dem Verwaltungsrath an die Stiftung Dresden gewiesen worden – es sei dies die Wittwe August Diezmann’s. Dresden sei nun gegenwärtig nicht in der Lage eine solche Unterstützung zu gewähren. Er drücke daher den Wunsch aus, der Verwaltungsrath möge, so gut als thunlich, für eine Unterstützung der Wittwe Diezmann’s sorgen, und beantragt diesfalls eine Unterstützung von je hundert Thalern auf drei Jahre. –

Das Protokoll sagt etwas undeutlich, daß „dieser Wunsch zur Kenntniß genommen“ – aber der Vorschlag wurde bewilligt!

Einhundert Thaler für die Wittwe Diezmann’s auf drei Jahre,

nachdem Dr. Heller noch hervorgehoben, welche Verdienste sich Diezmann um die deutsche und besonders um die Schiller-Literatur erworben!

Der erste Paragraph der Satzungen der deutschen Schiller-Stiftung lautet.

„§. 1. Zweck der Stiftung.

Die Schillerstiftung hat den Zweck deutsche Schriftsteller und Schriftstellerinnen, welche für die National-Literatur (mit Ausschluß der strengen Fachwissenschaften) verdienstlich gewirkt, vorzugsweise solche, die sich dichterischer Formen bedient haben, dadurch zu ehren, daß sie ihnen oder ihren nächstangehörigen Hinterlassenen in Fällen über sie verhängter schwerer Lebenssorge Hülfe und Beistand darbietet. Sollten es die Mittel erlauben und Schriftsteller oder Schriftstellerinnen, auf welche obige Merkmale nicht sämmtlich zutreffen, zu Hülfe und Beistand empfohlen werden, so bleibt deren Berücksichtigung dem Ermessen des Verwaltungsrathes überlassen.“

Dr. August Diezmann, nicht allein bekannt als Uebersetzer und Bearbeiter guter fremder Werke, als Redacteur verschiedener Zeitschriften, wie als selbstständiger Autor verschiedener Werke, sondern auch als unermüdlicher Forscher gerade in der Schiller-Literatur, aus der er viel Werthvolles zu Tage gefördert, wurde die letzten Jahre dermaßen durch

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1869). Leipzig: Ernst Keil, 1869, Seite 752. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1869)_752.jpg&oldid=- (Version vom 29.11.2022)