Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band | |
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mit einem Boot näher ans Ufer rudern und einige hamenartige Netze auswerfen, die beinahe im selben Augenblicke wieder herausgezogen wurden. Binnen zehn Minuten hatten wir einen reichlichen Vorrath von leckern Fischen, deren Geschmack an die Flundern erinnerte. An diesem Ufer sind noch keine Fischer ansäßig und der Fluß wimmelt von Leben.
Heute Nachmittag treten wir die Rückreise an. Ich komme also nicht weiter südlich in Florida; aber ich sehe hier den Charakter der Natur des Landes in seinem südlichen Theile. Das Land ist überall niedrig und reich an Sumpfböden und Morästen, zwischen denen hinein Fichtenwälder emporragen; ein Theil davon, Everglades genannt, soll einen ganz erstaunlichen Reichthum an animalischem Leben verrathen. Der Naturforscher Agassiz sah diese Everglades zum ersten Mal im heurigen Frühjahr, und beim Anblick dieser bis jetzt unbekannten Naturreichthümer faltete er seine Hände in Bewunderung und Anbetung. Hier und tiefer hinab gegen den mexicanischen Meerbusen hin wird das Land immer niedriger, und die Vegetation theilt sich zwischen der halbtropischen, die ich bereits gesehen habe, und großen Wäldern von pinus australis (in der Alltagssprache Scheinholz genannt). Die Indianer des Seminolen- und des Creeksstammes leben noch in diesen wilden Gegenden; sie sind den Einwanderern gefährlich, und es ist ihnen schwer beizukommen. Im südlichsten Theile von Florida können, so wird behauptet, die Cocosbäume und der Bananasbaum cultivirt werden. Welch ein Reich, welch eine Welt ist nicht Nordamerica, das alle Arten von Clima, von Naturschönheiten und Produkten umfaßt! Es ist wahrlich ein Reich für alle Völker der Erde.
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 330. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/348&oldid=- (Version vom 14.9.2022)