Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band | |
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erfreute mich an einsamen Wanderungen über die Berge hin und in der romantischen Gegend. Sie erinnert an gewisse Berggegenden in Dalekarlien und noch mehr an das Mindener Thal in Deutschland, wo die Flüsse Fulda und Werra zusammenstoßen, denn die Gebirgsformation und die Vegetation da und dort haben verwandtschaftliche Aehnlichkeit. Hier sind es der muntere spielende Shenandoah und der ernste Potomac, die zusammentreffen, sich vereinigen und zusammen den großen Potomacfluß bilden. Der Shenandoah ist ein heiteres, gutes junges Mädchen, das sorglos, lachend und hüpfend in unschuldiger Lebenslust zwischen grünenden Ufern hintanzt. Der Potomac ist ein älterer Herr, der ernst und still aus den Wäldern herab mit trägem Schritt und geringem Leben einhergegangen kommt. Er trifft mit der heitern Shenandoah zusammen und zieht sie still an sich. Sie fällt besinnungslos in seine Arme und wird darin verschlungen. Man hört und sieht nichts mehr von der brausenden und tanzenden Shenandoah, es ist vorbei mit ihrem heitern Humor, vorbei mit ihr selbst, sie ist Frau Potomac geworden und hat keine Existenz mehr, die von Herrn Potomac getrennt wäre. Aber Herr Potomac breitet sich mit steigenden schwellenden Wassern, eben so ruhig, aber majestätischer als vorher aus und setzt seinen Lauf fort nach Washington und von da ins Meer. Arme kleine Shenandoah! Ich liebte sie und hege Sympathie mit ihr, und obschon ich gerne von den Höhen herab sah, wie der Potomac in ruhigen, tiefen Biegungen durch die westlichen Hochlande hergegangen kam, so ging ich doch noch lieber im Thale südlich vom Berge, wo Shenandoah, noch ein junges Mägdelein, an den Klippen hin tanzte, die ihre bacchantischen Häupter mit den schönsten Kränzen und Kronen von Laub schmückten, oder unter hohen Bäumen, auf welchen Schaaren von gelben Vögelein, Kanarienvögeln ähnlich,
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 407. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/425&oldid=- (Version vom 6.12.2023)