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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band

über die Beerdigung seiner zweiten Schwester hier bleiben. Diese zwei jungen Schwestern, die beide kränklich waren, besaßen frische wohlbegabte Seelen und hatten immer in innigem Freundschaftsverhältniß gelebt, während sie zusammen literarische Gegenstände zum Besten der Jugend bearbeiteten. Im Leben zärtlich verbunden, war es gut, daß sie einander auch im Tode folgen durften. Aber sie lassen eine große Leere in dem Hause zurück, wo jetzt nur noch eine Tochter da ist. Die zuletzt gestorbene lebte den ganzen letzten Tag ihres Lebens in den schönsten Visionen von der dahingegangenen Schwester und von ihrem gemeinschaftlichen Emporschweben in eine verklärte Welt.

Die Beerdigung, der ich gestern beiwohnte, ging nach Quäkersitte ohne allen unnöthigen Pomp, ohne alle Ceremonien vor sich. Sie ging vor sich unter abwechselnden kurzen Reden von Männern und Frauenzimmern, sowie Pausen, je nach den Eingebungen des Geistes. Wahrhaft rührend und ergreifend war es, als im Todtenhause, nachdem alle Verwandte und Freunde still in einem Zimmer versammelt dagesessen, die tiefbetrübte alte Mutter ihre zitternde Stimme mit folgenden Worten erhob:

„Mein Herz ist hart geprüft worden; aber Gott hat in Gnaden auf mich gesehen.”

Alles was sie sagte, kam so rein aus der Tiefe eines christlichen Mutterherzens und war zu gleicher Zeit so zart von Gefühl und so stark in Glauben und Ergebung, daß es gar nicht besser sein konnte. Das Schönste war ihr Trost in dem Bewußtsein von der Reinheit der dahingeschiedenen Töchter in Bezug auf Absicht und Lebenszweck, und die Erinnerung an die letzten Worte der jüngsten kurz vor ihrer Todesstunde. Nachdem die Mutter unter den Thränen der Anwesenden verstummt war, ergriff eine andere ältere Dame das Wort auf eine Art, welche dazu beitrug sie zu trocknen;

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 419. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/437&oldid=- (Version vom 7.12.2023)