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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

Stock und Stein. Ich saß vor lauter Müdigkeit still und geduldig da. So fuhren wir am Land und Ufer herum; so endlich zurück, um zu Mittag zu essen, Gesellschaft zu sehen, Autographen zu schreiben u. s. w. So im Galopp nach New-York, wohin Downings kommen sollten, um mich zu begrüßen, und wo wir in großer Abendgesellschaft bei Miß Lynch zusammensein sollten. Downings waren bereits im Salon der jungen Dichterin, als ich kam. Und ich war so froh, sie zu treffen und mich in voller Freiheit ein wenig vor ihnen ausgießen zu dürfen, daß ich mich auf einmal ganz ausgeruht fühlte. Und wenn Du mich ein paar Secunden später in einer Gesellschaft von 100 Personen gesehen hättest, so hättest Du nicht ahnen können, daß ich ein Paar Stunden vorher müde und erschöpft gewesen war. Das Vergnügen, Downings zu sehen, belebte mich, nebst verschiedenen schönen, ansprechenden Freundschaftsbeweisen. Mr. Downing war diesen Abend so hübsch, daß er durch sein ungewöhnlich „distinguirtes“ Aussehen allgemeine Aufmerksamkeit erregte, als er unter der Menge umherwandelte mit seinem verschlossenen Wesen, seinem tiefen, sprechenden Auge, seinem halb schüchternen, halb stolzen Ausdruck.

Die Gesellschaft bei Miß L. war an diesem Abend ausgezeichnet schön. Ich sah einige prächtige Toiletten und prächtige Gestalten unter den Frauenzimmern. Die Männer sind im allgemeinen nicht schön, aber sie sehen mannhaft aus, haben gute Stirnen, klare Augen, ein rasches und bestimmtes Wesen. Die Wirthin selbst war in ihrer eleganten, aber bescheidenen weißen Toilette, die für ihre schlanke, wohlgeformte Figur vortrefflich paßte, und mit einer weißen Blume in ihrem Haar, die den ungekünstelt zierlichen kranzlosen Kopf schmückte, eine der anmuthigsten Gestalten der Gesellschaft, unter der sie leicht wie ein Sommervogel hin und herschwebte, die Leute einander vorstellte und sich ins Gespräch mischte auf eine Art, die immer Vergnügen erweckte, mit jenen

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/123&oldid=- (Version vom 6.7.2019)