Seite:Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band.djvu/250

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

vom Leben der Vorzeit sowohl, als der Jetztzeit ihre warme Liebe für die Ideale des Lebens, für alles Gute, Edle und Schöne ausspricht und in allen Gegenständen, Menschen, Blumen, Sternen, Institutionen, Wissenschaften, Künsten, Ereignissen, den Punkt oder den Ton sucht, wo sie mit den ewigen Harmonien zusammentönen; eine rastlose Sucherin nach ewiger Ruhe in der Harmonie der Sphären, eine platonisirende Denkerin, eine Christin an Herz und Wandel. Mrs. Caroline Kirkland, geistreich, humoristisch und sarkastisch, aber auf dem Grund eines großen Herzens und eines großen Verstandes, wie wir dieß auch aus ihrem köstlichen Buch „Eine neue Heimath im Westen“ gesehen haben. Miß Maria Mac Intosh, die wir aus ihrem Roman „Scheinen oder Sein“ kennen, und deren alltägliches Leben ihr schönster Roman ist. Aber das dürfte man auch von den andern sagen können. Von Mrs. Sigourney habe ich bereits gesprochen. Mrs. L. Hall, Verfasserin eines größeren dramatischen Gedichts, Mirjam, kenne ich bis jetzt blos dem Rufe nach.

Die Zahl der Schriftstellerinnen und Dichterinnen zweiten und dritten Rangs ist hier Legion. Sie singen wie die Vögel im Lenz. Da sind eine Menge Zeisige, Buchfinken, Sperlinge, auch die eine und andere Drossel mit tiefen, gedankenreichen Tönen, schön aber wenig; aber der Lerche reichen, anhaltenden Gesang, der Nachtigall volle Begeisterung habe ich bei den Sängerinnen hier zu Lande noch nicht gehört. Und ich weiß nicht, ob diese reiche artistische Eingebung weiblichen Naturen angehört. Ich halte im Allgemeinen nicht viel vom Talent des Weibes als schaffende Künstlerin. Die „ungeschriebenen lyrischen Gedichte“ (the unwritten lyrics) wie Emerson einmal sagte, als wir davon sprachen) dürften ihre eigentliche Stärke sein.


Empfohlene Zitierweise:
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 246. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/250&oldid=- (Version vom 16.9.2019)